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Jobcenter schiebt Hartz IV Empfänger auf Campingplatz ab

Wohnwagen

In vielen Städten und Landkreisen steigen die Mietpreise weiter stetig an – so auch in dem beschaulichen Städtchen Westerburg in Rheinland-Pfalz. Geringverdiener und Hartz IV Empfänger können sich die teuren Mieten jedoch nicht leisten. Das zuständige Jobcenter schickt Betroffene auf einen nahe gelegenen Campingplatz. Die neuen Unterkünfte: Wohnwagen ohne fließend Wasser, eigener Toilette oder einer richtigen Heizung.

Jobcenter schiebt Hartz IV Empfänger systematisch auf Campingplatz ab

Das ZDF-Magazin „Frontal 21“ berichtet aktuell über einen 84-jährigen Mann, der auf einem Campingplatz in Westerwald lebt. Der frühere Schlosser Johann Schulz bezieht heute eine kleine Rente und aufstockend Grundsicherung – insgesamt 623 Euro. Eine Wohnung in der nächsten Stadt Westerburg konnte sich der Mann schlichtweg nicht leisten. Für den Campingwagen muss Herr Schulz nun monatlich 250 Euro Miete zahlen.

In dem Bericht wird darauf hingewiesen, dass Herr Schulz nicht der einzige Betroffene auf dem Campingplatz ist. Rund 30 Dauercamper leben mit ihm gemeinsam dort, wovon gut ein Drittel Hartz IV oder Grundsicherung bezieht. Der Campingplatzbesitzer erklärt, dass er regelmäßig Hartz IV Empfänger aus dem gesamten Rhein-Main Gebiet auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum unterbringen muss. Das zuständige Jobcenter schickt die Bedürftigen bewusst auf den Campingplatz, damit sie dort eine „angemessene“ Unterkunft finden. Miete und Teile der Nebenkosten für das Leben auf dem Platz werden von der Behörde übernommen.

Leben ohne fließend Wasser oder Heizung und ein Eimer als Toilette

Die harten Lebensbedingungen auf dem Campingplatz machen insbesondere dem 84-jährigen Johann Schulz zu schaffen. In seinem Wohnwagen gibt es weder fließend Wasser, noch eine richtige Heizung. Da die Toiletten zu weit entfernt sind, behilft sich der körperlich eingeschränkte Mann nachts mit einem Eimer.

Eine Betreuerin vom Amt hat ihm zwischenzeitlich ein Haus besorgt, doch auch dort waren die Zustände nicht besser: Zum Heizen musste der gebrechliche Mann alle halbe Stunde Holz nachlegen, mit seinem Vermieter in einem Zimmer schlafen und zu jedem Toilettengang eine steile Treppe ins Erdgeschoss überwinden. Da dieses für ihn jedoch nicht möglich war, stellte die Betreuerin dem Mann einfach einen Eimer hin: „Die Betreuerin hat gesagt, „da brauchen Sie einen Eimer mit Deckel“ und da hat sie einen Eimer besorgt“, erklärt Johann.

„Die Behörden haben definitiv versagt.“

Der alte Mann hielt es nicht länger als drei Wochen in dem Haus aus und flüchtete zurück auf den Campingplatz. Jessica Hill vom Arbeitskreis „Menschenwürdige Grundsicherung“ macht den Behörden schwere Vorwürfe:

„Das ist einfach menschenunwürdig, Menschen dort abzustellen und zu vergessen. Und dann noch so weit ab von der Infrastruktur. Das darf es einfach nicht geben in unserem reichen Land.“

Im Falle Johann Schulz wendete sich Frau Hill an mehrere Behörden. Das Sozialamt, Gesundheitsamt, Betreuungsamt und das Amtsgericht. Alles ohne Erfolg: „Die Behörden haben definitiv versagt“, sagt Jessica Hill enttäuscht und resümiert: „Es wurde nicht geholfen.“

Titelbild: Egmont Elsner / shutterstock.com