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Hartz IV Urteil: BSG kippt Mietobergrenzen

Hochhaus

Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat am 30. Januar 2019 (Az. B 14 AS 41/18 R) entschieden, dass Jobcenter zwar selbst einen „Vergleichsraum“ bestimmen dürfen, um die angemessenen Unterkunftskosten für Hartz IV Empfänger schlüssig zu berechnen. Doch ist es der Behörde untersagt, unterschiedliche Grenzen für angemessene Unterkunftskosten innerhalb eines Vergleichsraumes festzulegen. Den betroffenen Jobcentern wird jetzt die Anpassung der Vergleichsräume und folglich die Neuberechnung der Angemessenheitsgrenzen auferlegt. 

Unterteilung in unterschiedliche „Wohnungsmarkttypen“

In einem Fall hatten Jobcenter für mehrere Landkreise (Segeberg, Salzlandkreis, Harz und Börde) einen gemeinsamen Vergleichsraum bestimmt. Für diesen Vergleichsraum wurden jedoch unterschiedliche Angemessenheitsgrenzen festgelegt, da die Wohnverhältnisse innerhalb des Raumes regional sehr stark voneinander abwichen. Zudem wurden die Landkreise in unterschiedliche „Wohnungsmarkttypen“ unterteilt.

Betroffene Hartz IV Bezieher klagten, weil sie die Vorgehensweise für rechtswidrig empfanden. Bei einer Mieterhöhung wurden Mieten vom Jobcenter nicht mehr vollständig übernommen, sondern nur bis zur festgelegten Angemessenheitsgrenze. Ein Umzug innerhalb des Vergleichsraums war jedoch kaum möglich, da das Jobcenter nur die Kosten des ursprünglichen „Wohnungsmarkttypen“ übernehmen würde.

Das heißt: In sehr teuren Regionen des Vergleichsraums – im verhandelten Fall die Stadt Norderstedt im Kreis Segeberg, die direkt an Hamburg angrenzt – gelten andere Angemessenheitsgrenzen, obwohl es sich um denselben Vergleichsraum handelt. Damit war es für Leistungsempfänger nahezu unmöglich, nach Norderstedt zu ziehen.

BSG weist Jobcenter in die Schranken

Durch diese Willkür rutschen Betroffene im äußersten Fall sogar in die Obdachlosigkeit. Ergeben sich innerhalb eines Vergleichsraums dann auch noch unterschiedliche Angemessenheitsgrenzen bzw. verschiedene „Wohnungsmarkttypen“, so zweifelt man doch sehr stark an dem Auffangnetz Hartz IV.

Durch das Urteil des Bundessozialgerichtes können Hartz IV Empfänger in den betroffenen Gebieten nun wieder leichter eine neue Wohnung finden. Wenn sich die Verhältnisse einiger Bereiche stark vom restlichen Gebiet unterscheiden, müsse ein eigener Vergleichsraum gebildet werden, welcher „einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich“ bildet, so das BSG. Die Unterteilung des Vergleichsraums in verschiedene Wohnungsmarkttypen sei ebenso unzulässig.

Das BSG verwirft mit seinen Urteil somit die Berechnung der Mietobergrenzen des Kreis Segeberg, Landkreise Harz, Salzlandkreis und Börde in Sachsen-Anhalt. Diese und vermutlich weitere Jobcenter müssen jetzt schlüssige neue Konzepte zur Berechnung der angemessenen Wohnkosten vorlegen und zur Aufteilung ihrer Vergleichsräume. 

Titelbild: Donatas Dabravolskas / shutterstock.com