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Anstieg der Stromsperren – Hartz IV Empfänger besonders betroffen

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Strom scheint für viele so selbstverständlich zu sein wie das fließende Wasser aus der häuslichen Leitung. So einfach ist es doch leider mit beidem nicht. Strom kostet Geld. Die stetig steigenden Strompreise haben viele Menschen im letzten Jahr ans Äußerste gebracht. Sie konnten ihre Rechnung nicht zahlen und der Strom wurde abgestellt.

14.000 mehr Stromsperren als im Vorjahr

Im letzten Jahr gab es in Deutschland 7 % mehr Stromsperren als noch im Vorjahr. Fast 4,8 Millionen Haushalte waren im Rückstand mit ihrer Stromrechnung. Ihnen wurde die Stromsperre angedroht. Bei der Mehrheit der Betroffenen wurde nach Androhung der Sperre die Stromkosten beglichen oder der Versorger beließ es bei der Androhung, da eine gerichtliche Durchsetzung der Sperre zu teuer oder zeitlich zu aufwendig gewesen wäre.

344.000 Haushalten wurde 2017 hingegen der Strom tatsächlich abgestellt – 14.000 Stromsperren mehr als im Jahr 2016. Die meisten der Betroffenen leben in Nordrhein-Westfalen (das bevölkerungsreichstes Bundesland). Viele Haushalte helfen sich bei einer Stromsperre übergangsweise mit Kerzen Gaskochern, Gasheizöfen aus. Das Fatale daran: Jedes Jahr gibt es durch diese Notlösungen mehrere Todesopfer, zum Beispiel durch Kohlenmonoxidvergiftungen.

Stromsperre bei 100 Euro Zahlungsrückstand

Wenn vergessen wird die Stromrechnung zu zahlen und eine Mahnung ins Haus flattert, bedeutet dieses noch nicht, dass am nächsten Tag direkt alle Lichter ausgeschaltet werden.

Die Energieversorger dürfen den Zugang zu Strom erst sperren, wenn ein Zahlungsrückstand von mindestens 100 Euro vorliegt. Außerdem muss dem Kunden bereits eine Mahnung mit Androhung der Versorgungsunterbrechung inklusive erneuten Zahlungsaufforderung und entsprechender Fristsetzung vorliegen.

Wichtig: Mahnungen sowie das Sperren und Entsperren der Stromversorgung verursachen zusätzliche Kosten, die dem betroffenen Haushalt ebenfalls in Rechnung gestellt werden!

Fast die Hälfte der Stromsperren betreffen Hartz IV Bezieher

Von den meisten Stromsperren sind die Ärmsten der deutschen Gesellschaft betroffen: Hartz IV Empfänger. Der Grund liegt in dem zu gering bemessenen Hartz IV Regelsatz.

Strom ist ein Grundbedürfnis. Stromkosten gehören trotzdem leider immer noch nicht zu den, vom Jobcenter übernahmefähigen Nebenkosten. Für Strom müssen Hartz IV Empfänger mit ihrem sehr geringen Regelsatz aufkommen, wodurch das Geld an anderen wichtigen Stellen fehlt.

Die Beiträge, die im Regelsatz für Strom vorgesehen sind, sind schlicht und einfach unzureichend bemessen. In den letzten Jahren ist der Regelsatz zwar um 17 % angestiegen, die Strompreise haben sich hingegen im selben Zeitraum um 27 % erhöht. Infolgedessen hätte eine Anpassung der Neuberechnung der Regelbedarfsstufen stattfinden müssen.

Bei Androhung einer Stromsperre muss das Jobcenter aber einspringen und mit einem Hartz IV Darlehen für die offenen Stromkosten aufkommen (LSG Nordrhein-Westfalen, 18.08.2014, Az. L 7 AS 1289/14 B und L 7 AS 1290/14 B). Über diese Möglichkeit sind jedoch viel zu wenig Betroffene ausreichend informiert.

Titelbild: Lisa S. / shutterstock.com