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Lug und Trug: So wird der Mindestlohn ausgehebelt

Die Freude bei den Arbeitnehmern war groß als am 01. Januar 2015 der Mindestlohn auf 8,50 Euro brutto je Zeitstunde (Erhöhung auf 8,84 Euro seit 01. Januar 2018) festgesetzt wurde. Heute wissen wir, dass die Einführung des Mindestlohns nicht für alle Geringverdiener die erhoffte Entlastung gebracht hat. Einige der deutschen Arbeitgeber handeln nämlich immer noch entgegen des Beschlusses und finden beständig neue kreative Methoden den Mindestlohn massiv zu umgehen.

Zu viele schwarze Schafe unter Arbeitgebern

In Deutschland gab es bis 2015 etwa 4 Millionen Beschäftigte, welche vor dem Mindestlohn Gesetz weniger als 8,50 Euro die Stunde verdient haben. Für 1,8 Millionen Menschen davon hat sich die Lage laut einer Studie aus 2017 vom Sozio-ökonomischen Panel (SOEP) des DIW Berlin leider nicht verbessert. Sie verdienen immer noch unter Mindestlohn.

Der Grund dafür ist erschreckend und absurd zugleich: Der gesetzlich festgelegte Mindestlohn wird ganz einfach ausgehebelt und damit das sogenannte Lohndumping betrieben. Dreiste Arbeitgeber schummeln den Arbeitnehmern unbezahlte Stunden und Leerzeiten unter, wodurch der zu zahlende Stundenlohn oft unter die Mindestlohngrenze von 8,84 Euro fällt. Eine repräsentative Umfrage von Infratest Dimap im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hat ergeben, dass 18 Prozent der deutschen bereits selbst Erfahrungen mit Lohndumping gemacht haben oder betroffene Personen kennen.

Kreative Methoden der Betrüger

Wenn es darum geht Lohnkosten einzusparen, werden viele Arbeitgeber plötzlich erfinderisch. Besonders gerne wird in den Bau-, Fleisch-, Reinigungs- und Gastgewerben gemogelt. Das liegt daran, dass in den Branchen besonders viele ungelernte Menschen arbeiten, es wenig Tarifbindung gibt und dort ohnehin schon Niedriglöhne gezahlt werden.

Um den Mindestlohn auszuhebeln werden beispielsweise Überstunden nicht dokumentiert, dadurch bleiben die Überstunden dann eben auch unbezahlt. Speziell in Branchen mit unregelmäßigen Einsätzen wird die Aufzeichnungspflicht nicht immer ganz ernst genommen, wodurch die tatsächlichen Arbeitszeiten meist auf dem Papier kürzer sind als die tatsächlich geleistete Zeit.

Im Hotelgewerbe werden unrealistische Zeitvorgaben für einzelne Aufgaben durch die Arbeitgeber vorgegeben. Wenn für die Reinigung von 20 Zimmern lediglich eine Stunde vorgesehen ist, leidet entweder die Sauberkeit der Zimmer oder der Lohn der Mitarbeiter, da sie für den erhöhten Zeitaufwand nicht extra bezahlt werden. Eine ebenso dreiste Masche, um den Lohn zu drücken ist das Umwandeln von Verträgen. So erhalten Festangestellte Verträge, die für freie Mitarbeiter gelten. Für Praktikanten und freie Mitarbeiter gilt nämlich kein Mindestlohn.

Weitere Tricks der Arbeitgeber sind Folgende: Sie rechnen Vollzeitstellen als Teilzeitstelle um, wobei die Arbeitszeit sinkt aber oft die ursprüngliche Stundenzahl bleibt. Pausen werden eingerechnet und Bereitschaft und Wartezeiten nicht vergütet. Mitarbeiter erhalten bei einem gleichbleibenden Lohn unter 8,84 Euro Gutscheine für die eigene Dienstleistung als Scheinbonus. In der Gastronomie wird der Zusatzverdienst aus dem Trinkgeld aufs Gehalt geschlagen. Ebenso verhält es sich mit Nacht,- Sonntags- und Feiertagszuschlägen.

Die dreisteste Ausrede von allen ist jedoch zu behaupten, dass die eigene Branche nicht vom Mindestlohn betroffen sei. Man mag es kaum glauben aber es soll tatsächlich Arbeitgeber geben, die versuchen ihre Mitarbeiter mit dieser Erklärung für dumm zu verkaufen.

Konsequenzen des Lohndumpings

Das geringe Einkommen befördert viele Arbeitnehmer in die Abhängigkeit von staatlichen Leistungen. Das Armutsrisiko steigt und ebenso die Gefahr der Altersarmut. Auch der Staat verliert durch Lohndumping an Abgaben und Steuergeldern, was wiederum zu einer erhöhten Belastung bei allen SteuerzahlerInnen führt. Die Unternehmen, die dem Mindestlohn nachkommen werden oft in einen Topf mit den Lohndumpern geworfen und leiden somit unter vermehrten Kontrollen.

Großfahndung nach Mindestlohnbetrügern

Die schwarzen Schafe unter den Arbeitgebern haben den Staat mit Lohndumping und den dadurch entstandenen Steuerverlusten um rund eine Milliarde Euro im Jahr 2017 gebracht. Mit ihren Machenschaften machen sich viele Arbeitgeber strafbar.

Nun hat die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) schließlich durchgegriffen. Mit 6.000 Zollbeamten hat sie im September 2018 zwei Tage lang in ganz Deutschland nach Arbeitgebern gefahndet, die sich nicht an die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns halten. Die Ergebnisse der einmaligen Fahndung bleiben abzuwarten. Den Arbeitgebern drohen bei Verstoß gegen das Mindestlohngesetz, ob absichtlich oder unabsichtlich, eine Geldbuße bis zu 500.000 Euro. Zudem dürfen Arbeitnehmer 3 Jahre nach Verstoß gegen Mindestlohn klagen und Sozialversicherungsträger ihre Ansprüche ebenso rückwirkend geltend machen.

In der Vergangenheit konnten auf Grund von Personalmangel nur wenige Betriebe tatsächlich kontrolliert werden. Die Politik möchte dieses Problem nun endlich angehen. Bis 2021 sollen laut Finanzminister Olaf Scholz neue Stellen bei der zuständigen Behörde FKS geschaffen werden, um die Zahl der Mitarbeiter von 6.800 auf 8.500 aufzustocken.

Eine flächendeckende Kontrolle des Mindestlohns ist nicht nur wünschenswert, sondern angesichts der aktuellen Zahlen anscheinend dringend notwendig.

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