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Urteil: Anrechnung von Gutscheinen auf Hartz IV Leistungsnachzahlung unzulässig

Einem Hartz IV Empfänger aus Neubrandenburg wurde nach einem Sanktionsbescheid zwei Monate lang die Regelleistung gestrichen. Dafür sprach das Jobcenter ihm Lebensmittelgutscheine zu. Nachdem der Sanktionsbescheid aufgehoben wurde und er die Regelleistungsnachzahlung erhielt, musste er zweimal hinschauen. Anscheinend wurden ihm die Gutscheine angerechnet, wodurch er einen geringeren Hartz IV Satz erhielt.  

Anrechnung von Gutscheinen auf Leistungsnachzahlung

Ein Mann aus Neubrandenburg erhielt nach einer Pflichtverletzung einen Sanktionsbescheid. Der Bescheid hatte zur Folge, dass ihm vom Jobcenter für zwei Monate die den Regelsatz komplett gestrichen wurde. Im April und Mai 2010 stand er also ohne Regelleistungen da.

Der ALG II Empfänger sprach dennoch persönlich beim Jobcenter vor und konnte sich so zumindest Lebensmittelgutscheine für zwei Monate sichern, für April 2010 insgesamt 131 Euro und Mai 2010 85 Euro. Nachdem der Sanktionsbescheid aufgehoben wurde, erhielt er eine Nachzahlung der Regelleistung für April und Mai.

Auf die Regelleistungsnachzahlung wurde jedoch der Wert der Gutscheine angerechnet, womit der Leistungsempfänger einen niedrigeren Hartz IV Satz als üblich für April und Mai 2010 erhielt.

Aushändigung von Lebensmittelgutscheinen gilt als „eigenständiger Verwaltungsakt“

Gefallen ließ sich der Hartz IV Empfänger die willkürliche Handlung des Jobcenters nicht und reichte Klage ein, welche durch das Sozialgericht Neubrandenburg stattgegeben wurde. Das LSG Mecklenburg-Vorpommern wies die Klage ab, woraufhin der Mann in Revision ging.

Daraufhin wurde die Entscheidung des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom BSG aufgehoben. Das Bundessozialgericht gab dem Mann recht und urteilte, dass die Anrechnung der Gutscheinwerte auf die Leistungsnachzahlung unzulässig sei. Der ALG II Empfänger müsse den vollen Regelsatz für April und Mai nachgezahlt bekommen. Die Entscheidung, dem Mann Lebensmittelgutscheine für die zwei Monate auszuhändigen, stelle nämlich einen eigenständigen Verwaltungsakt dar.

Die Geschichte des Mannes aus Neubrandenburg zeigt erneut, dass es sich lohnt für das eigene Recht einzustehen. Lasst Euch nichts gefallen, kontrolliert regelmäßig die Bescheide des Jobcenters und reicht, wenn nötig, Hartz 4 Klage ein.

BSG vom 12.10.2017 – Az.: B 4 AS 34/16 R
LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 30.08.2016 – Az.: L 10 AS 200/13
SG Neubrandenburg vom 29.01.2013 – Az.: S 15 AS 1535/10