Hauptsache von der Straße. Dann stimmt die Statistik, ist der eigene Job sicher und gibt es vielleicht sogar einen Bonus. Die Mitarbeiter der Jobcenter wissen offenbar genau, wie sie ihre Schäfchen ins Trockene bringen. Das belegen Zahlen und Daten, die unter anderem der Bundesrechnungshof ermittelt hat. Dabei geht es um mehrstellige Millionenbeträge und somit um massive Misswirtschaft.
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Keine zielgerichtete Planung
Dass Bedürftige in Kurse gezwungen werden, um Plätze zu besetzen und Zielvorgaben zu erreichen, ist ein Vorwurf, den die Bundesagentur für Arbeit (BA) von sich weist. Maßnahmen würden nur zugewiesen, wenn sie zweckmäßig seien, der Arbeitslose aktiviert werden müsse und ein Integrationsfortschritt zu erwarten sei. „Die Auslastung von Maßnahmen erfolgt nicht um ihrer selbst willen“, so die BA.
Jobcenter gefährden Eingliederung
Dem widerspricht der Rechnungshof mit Zahlen. Von 617 Plätzen in 35 Kursen passten 182 nicht zur Eingliederungsstrategie, wurde 212 Mal nicht über den Zweck informiert und in 30 Prozent der Fälle saßen die Teilnehmer schon einmal in einer vergleichbaren Maßnahme. Fazit: „Durch ihr nicht zielgerichtetes Vorgehen und die mangelnde Rücksichtnahme auf die Belange der Leistungsberechtigten haben die Jobcenter in einem erheblichen Teil der geprüften Fälle deren unverzügliche Eingliederung nicht gefördert, sondern sogar gefährdet.“
Punkt zwei auf der „Mängelliste“, die der Bundesrechnungshof den Jobcenter an die Hand gibt, steht der planlose Einkauf von Kursplätzen. Es seien Mindestteilnehmerzahlen vereinbart worden, die nie hätten erreicht werden können. Von den Plätzen, für die bezahlt wurde, waren im Schnitt nur 85 Prozent besetzt. Rechnet man diesen Wert hoch, summiert sich ein Schaden von 190 Millionen Euro pro Jahr. Geld, das anderweitig sinnvoller investiert gewesen wäre.
Eigene Zielerreichung wichtiger als der Hartz-IV-Empfänger
Die Gründe für diese eklatante Fehlplanung sind schnell gefunden. Geplant wird während der Team-Besprechungen. Mit den Vorschlägen befasst sich dann die Geschäftsführung. Es sind also die Teamleiter und Integrationsfachkräfte, die das Ruder in der Hand haben und so steuern, dass sie – dank Prämien oder Beförderung – den größten Nutzen haben.
Entschuldigungen dafür gibt es: Man habe so viele Kursplätze einkaufen müssen. Diesbezüglich kann laut Rechnungshof nicht von Einzelfällen gesprochen werden. Es liegen Protokolle vor, in denen offen über den Übereinkauf gesprochen wird. Gerechtfertigt wird das Vorgehen lapidar mit dem Bemühen um Wirtschaftlichkeit. Dazu werden Leistungsempfänger auch schon mal in Eingliederungsmaßnahmen gesteckt oder vielmehr gezwungen, nur um die Plätze zu besetzen. Und das mit aller Gewalt und notfalls mit Sanktionen. So kann man seine Vorgaben auch erfüllen.