Zum Inhalt springen

Schweigen der Mutter rechtfertigt keine Hartz IV Streichung

Weil die Mutter geschwiegen hatte, strich das Jobcenter einem Kind die Hartz IV Leistungen – daraufhin landete der Fall vor dem Sozialgericht und das Jobcenter wurde verurteilt.Im vorliegenden Fall ging es um eine Mutter, die selbst im Hartz IV Bezug steht und gegenüber dem zuständigen Jobcenter darüber schwieg, wer der Vater ihrer minderjährigen Tochter sei. Um mögliche Unterhaltsansprüche zu prüfen, die den Lebensunterhalt des Kindes decken könnten, forderte das Jobcenter die Mutter mehrfach auf, Angaben über den Vater zu machen. Nachdem diese sich geweigert hatte, strich das Jobcenter aufgrund fehlender Mitwirkung der Mutter die Grundsicherungsleistungen für das Kind. Zu Unrecht, wie sich später vor dem Sozialgericht Speyer (Urteil vom 25.10.2016 – Az. S 6 AS 1011/15) herausstellte. Die Richter hoben die Ablehnungsbescheide des Jobcenters auf und verurteilten den Leistungsträger zur Weitergewährung der Hartz IV Leistungen an die minderjährige Tochter.

Mögliche Ansprüche nicht relevant

Das Gericht stellte klar, dass Hartz IV Leistungen gemäß § 9 SGB II erbracht werden müssen, wenn Hilfebedürftigkeit vorliegt. Diese liegt vor, wenn der Anspruchssteller nicht mit eigenem Einkommen und Vermögen in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dabei seien nach Auffassung des Sozialgerichts Speyer nur die finanziellen Leistungen zu berücksichtigen, die dem Leistungsempfänger tatsächlich zufließen und nicht nur möglicherweise bestehen. Im verhandelten Fall bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der verschwiegene Vater tatsächlich Unterhalt für das Kind zahle.

Die Sozialrichter wiesen auf die Selbstverantwortung von Leistungsempfängern hin, stellten allerdings auch klar, dass es sich bei Hartz IV Leistungen um die Sicherung des Existenzminimums handle, auf die jeder Hilfebedürftige nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen verfassungsrechtlichen Rechtsanspruch hat. Für die Streichung der Hartz IV Leistungen für das Kind mangle es an einer gesetzlichen Grundlage, so das Gericht.

Sozialwidriges Verhalten der Mutter nicht Gegenstand der Verhandlung

Am Ende der Verhandlung wies das Sozialgericht jedoch darauf hin, dass die ablehnende Haltung der Mutter – indem sie den Namen des Vaters verschweigt – geeignet sei, sie aufgrund sozialwidrigen Verhaltens gem. § 34 Abs. 1 SGB II in Regress zu nehmen und zu einem Erstattungsanspruch zu verpflichten. Jedoch war dies nicht Gegenstand des verhandelten Falles und könne demzufolge auch bei der Urteilsfindung nicht berücksichtigt werden.