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Rechte von Hartz IV Empfängern werden massiv beschnitten

Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles (SPD), reformiert derzeit Hartz IV und legte im Zuge dessen einen Gesetzentwurf vor, der Leistungsempfänger massiv um ihre Rechte bringen könnte. Bürokratieabbau auf Kosten der Hartz IV Bezieher: Die kritischen Stimmen von Sozialrechtsexperten werden immer lauter.

Der Gesetzentwurf

Statistiken der Bundesagentur für Arbeit folgend sind rund ein Drittel der ausgestellten Bescheide falsch. Konsequenz für die betroffenen ALG II Empfänger: Sie müssen Monat für Monat auf Geld verzichten, das ihnen rechtmäßig zusteht. Bisher hatten Bezieher von Grundsicherungsleistungen, selbst wenn die Widerspruchsfrist von einem Monat bereits abgelaufen war, durch einen sogenannten Überprüfungsantrag die Möglichkeit, falsch ausgestellte Bescheide des Jobcenters bis zu einem Jahr rückwirkend korrigieren zu lassen. Nach Einschätzung vieler Experten würde diese Option mit der neuen Reform wegfallen. Durch jenes Gesetz könnten solche Überprüfungsanträge unter anderem nur noch dann erfolgreich sein, wenn es dazu ein Urteil höchster Gerichte gibt. Liege ein solches Urteil nicht vor, gebe es zukünftig in der Praxis auch keine Nachzahlungen, befürchten Experten.

Alles andere als Bürokratieabbau

Führt Nahles als Beweggrund für den Gesetzentwurf einen Bürokratieabbau ins Feld, durch den die Arbeit der Jobcenter erleichtert und effizienter gestaltet werden soll, schlagen mit dem Thema der Überprüfungsanträge bestens vertraute Rechtsanwälte in der Verbrauchersendung „Report Mainz“ (Dienstag, 21.45 Uhr im ARD) Alarm.


„Das Gesetz ist ein Skandal. Dieses wichtige Instrument der Überprüfungsanträge wird hier so stark beschnitten, dass wir es in vielen Bereichen gar nicht mehr anwenden können. Die Hilfeempfänger werden auf ihr Geld, was ihnen rechtmäßig zusteht, verzichten müssen“, warnt der Rechtsanwalt Dirk Feiertag. Sein Kollege, Till Koch (Fachanwalt für Sozialrecht), stimmt dieser Einschätzung zu und erklärt: „Der Gesetzentwurf bedeutet, dass die Möglichkeit, Überprüfungsanträge zu stellen, effektiv in ganz vielen Fällen überhaupt nicht mehr besteht. Das Recht wird ausgehöhlt, den Leuten weggenommen und dann bleibt gar nichts mehr.“

Diebstahl an Hartz IV Beziehern

Auch der Arbeitsmarktexperte Prof. Stefan Sell macht klar: „Eine ganz kompliziert daherkommende Regelung in dem Gesetzentwurf führt zu einer rechtsstaatlich unglaublichen Schweinerei. Man nimmt den Hartz IV Empfängern durch eine falsche Entscheidung etwas weg, was ihnen zusteht, wohlgemerkt an Regelleistungen zur Abdeckung des Existenzminimums, und dann, wenn herauskommt, dass das eine falsche Entscheidung war, dann gibt man dieses geraubte Diebesgut nicht zurück.“