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Schüler: Kein Hartz IV für Verbesserung von Schulnoten

Schulnoten sind wichtig, um bessere Berufsaussichten zu haben und damit auch für viele Schüler, die in Hartz IV Familien leben, aus dem Sumpf der Sozialleistungen zu entkommen. So könnte man meinen, dass Jobcenter und Sozialgerichte daran interessiert sind, wenn Schüler aus Eigeninitiative ihre Schulnoten mit Lernförderung verbessern wollen, doch weit gefehlt.

Grundsätzlich ist es lobenswert, wenn Schüler, die in Hartz IV Familien leben, ihre Schulnoten aus eigenem Antrieb verbessern wollen, um später einmal bessere Berufschancen zu haben. Doch dem schiebt das Jobcenter und dann auch noch das Sozialgericht einen Riegel vor. Mehr als Nötig wird nicht übernommen…da soll doch noch einer sagen, Bildung hängt nicht vom Einkommen ab.

Landkreis versagt Übernahme der Kosten für Lernförderung

Im konkreten Fall geht es um einen Schüler der 5. Klasse einer kooperativen Gesamtschule. Der Junge lebte in 2012 mit seinem Bruder und seinen Eltern in einer Hartz IV Bedarfsgemeinsachaft. Um seine Schulnoten im Fach Englisch zu verbessern, beantragten die Eltern beim zuständigen Jobcenter Leistungen im Rahmen der Bildung und Teilhabe für ergänzenden Unterricht in der Fremdsprache, nachdem sie Nachhilfeunterricht der Schülerhilfe GbR in Anspruch genommen hatten. Die Initiative der Eltern basiert auf den Aussagen der Englischlehrerin, die dem Schüler schwach befriedigende Leistungen in diesem Fach bescheinigt. Den zusätzlichen Bedarf an Lernförderung schätzte die Lehrerin auf ein bis zwei zusätzlichen Stunden die Woche, wie sie auch später vor dem Sozialgericht Darmstadt als Zeugin aussagte.

Den Antrag auf Übernahme der Kosten für die zusätzlichen Unterrichtseinheiten im Fach Englisch lehnte der zuständige Landkreis Darmstadt-Dieburg ab, da nur Leistungen übernommen werden, die zur Erreichung des Lernziels benötigt werden. Heißt, es werden nur Leistungen übernommen, wenn die Versetzung in die nächste Jahrgangsstufe gefährdet ist. Offenbar will man hier die Bildung nur auf das Nötigste beschränken.

Landessozialgericht gibt Landkreis Recht

Nachdem das Widerspruchsverfahren erfolglos blieb, landete der Fall vor dem Sozialgericht Darmstadt (Az.: S 1 AS 467/12 vom 16.12.2013). Die Sozialrichter gaben der im Hartz IV Bezug stehenden Familie Recht und verurteilten den Leistungsträger zur Übernahme der ergänzende Lernförderung im gesetzlichen Umfang. Da die Berufung zugelassen wurde, ging der Landkreis in die nächste Instanz.

Der 9. Senat des Landessozialgerichts hob die Entscheidung des Sozialgerichts mit Urteil L 9 AS 192/14 vom 13.11.2015 auf. Nach Ansicht der Landessozialrichter sei hier eine Übernahme von zusätzlichen Kosten für die Lernförderung nicht gegeben.

„Ausreichende“ Leistungen bei Hartz IV ausreichend

Das Gericht stellte klar, dass bei befriedigenden bzw. ausreichenden Leistungen kein Anspruch auf Übernahme der Kosten für Lernförderung besteht, da eine Versetzung in die nächste Jahrgangsstufe nicht gefährdet sei. Abgesehen vom Erreichen des Klassenziels komme zwar in Einzelfällen eine Übernahme von zusätzlichen Nachhilfeunterricht bei Legasthenie oder Dyskalkulie in Betracht, dies trifft aber nicht auf den aktuellen Sachverhalt zu.

Dabei handelt es sich aber nicht um ein wesentliches Lernziel im Sinne des § 28 Abs. 5 SGB II. Denn die Stabilisierung einer besser als ausreichend bewerteten Notenstufe ist nicht anders einzustufen als die bloße Verbesserung von Notenstufen oder eine Verbesserung des Notendurchschnitts allgemein, die nicht als wesentliche Lernziele anerkannt werden. Gleiches gilt nach dem Willen des Gesetzgebers für Verbesserungen zum Erreichen einer besseren Schulartempfehlung, die regelmäßig keinen Grund für Lernförderung darstelle (vgl. BT-Drucks. 17/3404, S. 105).

Nach Sichtung des Sachverhalts und der Akten kommen die Richter des Landessozialgerichts Hessen zum Schluss, dass der Schüler ausreichende Leistungen erbringt, um versetzt zu werden und somit keinen zusätzlichen Anspruch – zu Hartz IV – auf Lernförderung hat. Aus Sicht der Kläger sei eine Verbesserung der Noten sicherlich wünschenswert, jedoch sieht das Gesetz nur Raum für die Abdeckung des menschenwürdigen Existenzminimums. So lange eine Versetzung in die nächste Jahrgangsstufe nicht gefährdet ist, besteht kein zusätzlicher Hartz IV Anspruch für Bildung und Teilhabe.