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Kompliziertes Hartz IV System legt Jobcenter Arbeitsvermittlung lahm

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Das Hartz IV System ist zu kompliziert und so bindet es jeden fünften der insgesamt 60.000 Jobcenter-Mitarbeiter in der Bürokratie, anstatt in der Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt tätig zu werden.

Noch-BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt fordert eine Vereinfachung der Hartz IV Gesetze und ist überzeugt, dass Jobcenter erheblich mehr Langzeitarbeitslose in Jobs vermitteln könnten, wenn  sie ihre Ressourcen auf die Arbeitsvermittlung bündeln, so Alt im Interview mit der F. A. Z.

Sytem zu kompliziert und zu einzelfallbezigen

Die Hauptursache des Bürokratie-Problems sei, dass die Hartz IV Leistungen nicht wie ursprünglich geplant pauschaliert, sondern zunehmend mit einzelfallbezogen Zuschlägen erbracht werden, die errechnet werden müssen. Aus diesem Grund stehen derzeit nur „die Hälfte der Mitarbeiter in Jobcentern der Betreuung und Vermittlung zur Verfügung“. Heinrich Alt ist davon überzeugt, dass es nach einer „beherzten Reform sicher 70 Prozent“ sein würden.

Seit Einführung vier Milliarden Blatt in Hartz IV Akten

Das BA-Vorstandsmitglied rechnete vor: „Ohne eine einzige neue Stelle zu schaffen, könnten sich so rund 12.000 Fachkräfte zusätzlich darum kümmern, Bedürftige und Langzeitarbeitslose in eine existenzsichernde Arbeit zu bringen.“ Beispielhaft für eine solche zeitraubende Hartz IV Leistungsermittlung nannte er das sogenannte Duschgeld, die Zuschläge für orthopädische Schuhe oder Tapetenkleister. Dabei war das ursprüngliche Ziel der Hartz-IV-Reform, die stark einzalfallbezogene Sozialhilfe durch eine auskömmliche Pauschale abzulösen. So haben Jobcenter in der Praxis mittlerweile für jede der 3,3, Millionen Bedarfsgemeinschaften durchschnittlich 650 Blatt Papier angesammelt, berichtet Alt. Seit Einführung von Hartz IV sind so insgesamt vier Milliarden Blatt bzw. rund 200 Aktenkilometer angehäuft worden.

Kritik an der Politik

Die immense Bürokratie des Hartz IV Systems führt Alt, der nach 14 Jahren im BA-Vorstand in den Ruhestand wechselt, auf mangelndes Interesse der Politik zurück. Daher fordert er von den Verantwortlichen, sich in ihren Wahlkreisen genauer über die Tätigkeit der Jobcenter zu erkundigen. „Das würde nicht nur den Betroffenen, sondern auch den Kollegen in den Jobcentern gut tun“, sagte er. „Für die Weiterentwicklung des Rechts wäre es ein Segen.“