Das Bundessozialgericht hat Jobcenter bei der Handhabe mit Sanktionen gegen Hartz IV Bezieher in die Schranken gewiesen und entschieden, dass die Zahl der Leistungskürzungen beschränkt sei.
Geklagt hatte eine Hartz IV Bezieherin aus Dillingen (Bayern), die innerhalb von acht Wochen sieben Einladungen zu Terminen vom Jobcenter erhielt, von denen sie allerdings keinen wahrnehmen konnte. In Folge dessen sanktionierte das Jobcenter die Leistungsempfängerin für jeden verpassten Termin mit zehn Prozent (insgesamt 7 Sanktionen = 70%!) der Regelleistung. Die Frau klagte durch alle Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit, so dass der Fall schlussendlich auf dem Tisch der obersten Kassler Sozialrichter landete. Vor dem Bundessozialgericht konnte sie – auch wenn die Hartz IV Sanktionen nicht vollständig aufgehoben wurden – einen Erfolg erzielen.
Bei der früheren Rechtslage waren höhere Leistungskürzungen möglich, jedoch musste der Sanktionsbescheid zunächst rechtswirksam sein, bevor weitere Strafkürzungen gegen Hartz IV Empfänger verhängt werden konnten.
Hartz IV Sanktionen in Serie sind begrenzt
Das sei April 2011 geltende Recht erlaubt es Jobcentern auch mehrere Sanktionen in „Serie“ gegen Leistungsbezieher zu verhängen. Dennoch sei das Ziel, Arbeitslose zu fördern und wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, so das Bundessozialgericht. Eben dieses Ziel werde nach Ansicht der Richter verfehlt, wenn der Leistungsträger gleichlautende Meldeaufforderungen in dichter Serie an Hartz IV Bezieher verschickt und bei Nichterscheinen anschließend jeweils sofort sanktioniert. „Zumindest nach der dritten gleichlautenden Meldeaufforderung“ werde das Ziel der Förderung und Eingliederung nach Meinung der Vorsitzenden verfehlt. Damit seien die übrigen vier Sanktionsbescheide rechtswidrig und aufzuheben.
30% Leistungskürzung nicht verfassungswidrig
Die übrige Leistungskürzung von 30 Prozent, resultierend aus drei Sanktionsbescheiden, sei nach Ansicht der Sozialrichter nicht zu beanstanden. Hier bewege sich die Sanktion im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgeber und gefährde nicht den Anspruch auf Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums.
Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) sei zwar dem Grunde nach unverfügbar, bewege sich aber bei einer 30 prozentigen Leistungskürzung noch im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers.
Bundessoazialgericht Az.: B 14 AS 19/14 R vom 29.04.2015
Vorinstanzen: SG Augsburg – Az: S 11 AS 1294/11 und Bayerisches LSG Az: L 16 AS 167/12