Grundsätzlich müssen Verwandte in Gerichtsprozessen nicht aussagen und können sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Allerdings stellte jetzt das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen klar, dass dieses Zeugnisverweigerungsrecht nicht in Hartz-IV-Prozessen in Vermögensfragen gelte.
Nachdem das Jobcenter Köln einem Langzeitarbeitslosen die Hartz IV Leistungen verweigerte, mit der Begründung dieser sei nicht hilfebedürftig, reichte der Mann Klage beim Sozialgericht Köln ein.
Der Kläger lebt mit seiner Mutter und seinem Stiefvater unter einem Dach. Das Jobcenter Köln verweigerte die Hartz IV Leistungen und erklärte, der Mann lebe mit Mutter und Stiefvater in Bedarfsgemeinschaft zusammen und das Einkommen des Stiefvaters reiche aus, um den Bedarf des Antragstellers zu decken. Im Prozess trug der Kläger vor, er könne keine Angaben zum Einkommen seiner Mutter und des Stiefvaters machen.
Mutter und Stiefvater berufen sich auf Zeugnisverweigerungsrecht
Als das Sozialgericht die Mutter und den Stiefvater als Zeugen vernehmen wollten, verweigerten sie die Aussage und beriefen sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Verwandte und Ehegatte von Verwandten. Im Verfahren vor dem Kölner Sozialgericht stellten die Richter fest, dass sowohl Mutter als auch Stiefvater des Hartz IV Antragstellers kein Zeugnisverweigerungsrecht haben und entsprechende Auskünfte erteilen müssen. Diese Auffassung hat das Landessozialgericht nun bestätigt.
Kein Zeugnisverweigerungsrecht in familiären Vermögensangelegenheiten
Geladene Zeugen sind grundsätzlich zur Aussage verpflichtet, jedoch räumt die Prozessordnung Verwandten in gerader Linie ein Zeugnisverweigerungsrecht ein. Auskünfte zu Einkommens- und Vermögensfragen in Hartz IV Prozessen sind allerdings von diesem Auskunftsverweigerungsrecht ausgenommen. Damit müssen Familienmitglieder zu Vermögensangelegenheiten Auskunft erteilen, wenn diese in Bedarfsgemeinschaft leben und Fragen zur Anrechnung von Einkommen und Vermögen auf die Hartz IV Leistungen zu klären sind.
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Az. L 19 AS 1880/14 B und L 19 AS 1906/14 B vom 28.10.2014, veröffentlicht am 10.11.2014 (rechtskräftiger Beschluss)