Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat am heutigen Dienstag entschieden, dass Einwanderer aus anderen EU-Staaten keinen pauschalen Anspruch auf Hartz IV haben und somit Staaten die Möglichkeit eingeräumt, Sozialleistungen zu versagen. Im verhandelten Fall ging es um eine 25-jährige Zuwanderin aus Rumänien, die seit 2010 mit ihrem heute fünfjährigen Sohn bei ihrer Schwester in Leipzig lebt und selbst keinen Schulabschluss hat. Ernsthaft um eine Beschäftigung scheint sie sich nicht gekümmert zu haben und hatte es auch nicht vor, wie in der Presse berichtet wird. Aus diesem Grund hatte das Jobcenter Leipzig ihren Hartz IV Antrag abgelehnt. Die Entscheidung der Leistungsbehörde wollte die junge Frau, die lediglich Kindergeld in Höhe von 184 Euro sowie Unterhaltsvorschuss in Höhe von 133 Euro für ihren Sohn erhält, nicht hinnehmen und wandte sich an das Sozialgericht Leipzig. Doch auch die Sozialrichter stuften die Frau als nicht arbeitsuchend ein und hatten den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Klärung gebeten.
Damit hatte der EuGH – das höchste rechtsprechende Organ der Europäischen Union – die Frage zu klären, ob EU-Ausländer in Deutschland einen generellen Anspruch auf Hartz IV haben, selbst wenn sie nie in der Bundesrepublik gearbeitet haben und dies auch nicht vorhaben. Grundsätzlich sieht das Recht der Europäischen Union eine Gleichbehandlung von „Unions-In- und Ausländern“ in jedem Mitgliedsstaat vor, gewisse Einschränkungen sind allerdings möglich.
EuGH versagt EU-Einwanderin Hartz IV Leistungen
Die obersten Richter der EU versagten der jungen Frau die Hartz IV Leistungen und bestätigten nun das nationale, deutsche Recht. Gleichzeitig setzen die EU-Richter ein Zeichen zur Vorbeugung gegen Missbrauch von Sozialleistungen. Nach der deutschen Regelung gibt es keine Hartz IV Leistungen für Immigranten, die nur wegen der Sozialleistungen oder der Jobsuche in die Bundesrepublik einreisen. Im Fall der 25-jährigen Rumänin stellte der EuGH fest, dass sie sich länger als drei Monate aber weniger als fünf Jahre in der Bundesrepublik aufhalte, jedoch nicht über „ausreichende Existenzmittel“ verfüge und sich aus diesem Grund nicht auf das nach EU-Recht festgeschriebene Diskriminierungsverbot berufen könne, welches einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland ermögliche.
Eindämmung von „Armutsimmigration“
Die Entscheidung des EuGH war in ganz Europa mit Spannung erwartet worden. Mit der Stärkung der nationalen Regelung fühlt sich auch die Bunderegierung bestätigt. „Wir haben umfassende Freizügigkeit in Europa, aber das bedeutet nicht, dass Unionsbürger allein zum Zweck des Sozialhilfebezuges nach Deutschland einreisen können“, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann in einem Interview.
Regierung plant Einschränkungen
Erst in der vergangenen Woche hatte die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen beschlossen, die der sog. „Armutseinwanderung“ entgegen wirken sollen. Diese müssen jedoch noch vom Bundesrat abgesegnet werden. Unter Anderem plant die Regierung Wiedereinreiseverbote für Zuwanderer, die bei Täuschungs- und Betrugsversuchen von Ämtern entlarvt werden. Zudem soll das Aufenthaltsrecht für Immigranten, die sich zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten, auf sechs Monate beschränkt werden (Ausnahme bei konkreter Aussicht auf eine erfolgreiche Anstellung). Auch beim Bezug von Kindergeld soll ein Riegel vorgeschoben werden. Um den Mehrfachbezug der Leistungen für Kinder vorzubeugen, muss eine Steueridentifikationsnummer vorgelegt werden.
Drei Milliarden Euro jährlich
Sozialleistungen für Zuwanderer aus dem Ausland kosten den deutschen Haushalt jährlich rund drei Milliarden Euro. Es ist allerdings nicht zwingend davon auszugehen, dass die Ausgaben durch die heutige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes sinken. Im heute verhandelten Fall wurde ausschließlich über Zuwanderer entschieden, die sich in Deutschland aufhalten und keine Arbeit aufnehmen wollen, daher ist die Entscheidung auch sehr eng auf solche Fälle anzuwenden. Eine weitere Entscheidung des EuGH steht noch aus, bei der das Bundessozialgericht um Klärung gebeten hat – und zwar für jene zugewanderte Hartz-IV-Antragsteller, die in Deutschland einer Beschäftigung nachgehen wollen.
Europäischer Gerichtshof in der Rechtsache C‑333/13 vom 11.11.2014 (zum Volltext)