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BSG zu zumutbaren Verlustquoten einer Lebensversicherung bei Hartz IV

Traurige alte Dame
Bei der Verwertung von Lebensversicherungen darf das Jobcenter nicht pauschale Verlustquoten verlangen und muss in jedem Einzelfall die Unzumutbarkeit prüfen. Bild: Oleg Golovnev/ bigstockphoto.com

Das Jobcenter kann von Hartz IV Empfängern nicht pauschal verlangen, dass diese ihre Lebensversicherung mit Rückkaufswert in jedem Falle verwerten müssen, bevor Leistungen fließen. Im vorliegenden Fall musste eine Frau aus Nordfriesland lediglich für drei Monate Leistungen zur Überbrückung beantragen und sollte, so der zuständige Kreis Nordfriesland, ihre Lebensversicherung mit Rückkaufswerten von 6.500 Euro und 1.400 Euro mit einem Verlust von 16,71 Prozent verkaufen.

Als die 43-jährige Nordfriesin im Jahre 2007 nur für einen Überbrückungszeitraum von drei Monaten – danach hatte sie wieder eine Anstellung – Hartz IV Leistungen beantragen musste, lehnte das Jobcenter mit dem Verweis auf zwei vorhandene Lebensversicherungen ab. Die Frau solle zunächst dieses Vermögen verwerten, bevor Leistungen an die Hilfebedürftige fließen. Obwohl die Frau bei einer vorzeitigen Auflösung einen finanziellen Schaden von 16,71 Prozent erlitten hätte, blieb es bei dem Ablehnungsbescheid der Behörde, die den Verlust als zumutbar ansah.

Auch das Sozialgericht und das Landessozialgericht Schleswig-Holstein (L 3 AS 93/10) schlossen sich der Meinung des Jobcenters an. Erst das Bundessozialgericht (BSG) musste unter dem Az.: B 14 AS 10/13 R vom 20.02.2014 entscheiden, ob die Verwertung einer kapitalbildenden Lebensversicherung oder privaten Rentenversicherung, deren Rückkaufswert die Summe der eingezahlten Beiträge um 16,71 Prozent unterschreitet, offensichtlich unwirtschaftlich im Sinne des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II sei.

Der Gang bis vor das höchste deutsche Sozialgericht hatte für die Hartz IV Empfängerin teilweise Erfolg. Die Bundessozialrichter entschieden im Revisionsverfahren, dass es bei der Bemessung einer möglichen Unwirtschaftlichkeit bei vorzeitiger Auflösung nicht allein auf die Verlustquote ankomme. Vielmehr müsse auch die Dauer der Einzahlung in die Versicherung, die Ablaufleistung sowie die Kündigungsfrist beachtet werden. Gleichzeitig spiele auch eine mögliche besondere Härte eine Rolle, da die Frau die Leistungen nur für drei Monate beantragen musste und sich anschließend in eine feste Anstellung begab. Das Bundessozialgericht monierte, die Vorinstanz hätte sich mit diesen Faktoren gar nicht auseinander gesetzt und hob das Urteil des LSG auf. Nun muss das Landessozialgericht Schleswig-Holstein unter Berücksichtigung aller Faktoren neu über den Fall verhandeln.

Welche Verlustquote gilt als zumutbar?

Zu der Frage, ab welcher Verlustquote die vorzeitige Verwertung einer kapitalbildenen Lebensversicherung zumutbar sei, nahm das Bundessozialgericht keine direkte Stellung. In vorherigen Verhandlungen ähnlich gelagerter Fälle sah das Bundessozialgericht eine Verlustquote von 12,9 Prozent als zumutbar an, 18,5 Prozent dagegen nicht mehr. Neu im aktuellen Fall ist, dass das Bundessozialgericht von der pauschalen Prozentrechnung abrückte und zusätzlich eben die o.g. Faktoren zu bedenken gab, mit denen sich das LSG auseinandersetzen muss.

Anwalt zufrieden

Obwohl das Bundessozialgericht kein Urteil fällte sondern nur die Entscheidung der Vorinstanz aufhob, ist der Anwalt der Klägerin zufrieden. „Die Zurückverweisung ist ein Erfolg. Was dann wird, ist die spannende Frage“, sagte er nach der Verhandlung, betonte aber gleichzeitig, er hätte sich einen festen Wert gewünscht. „Ein Sechstel ist eine Menge, und das fließt nur der Bank zu.“ Dagegen argumentierte ein Sprecher des Kreises Nordfriesland, es könne keinen unwirtschaftlichen Rückkaufswert geben, da alles einen genauen Preis habe.

Vermögensfreibeträge bei Hartz IV

Für Lebensversicherungen, die nicht ausschließlich der Altersvorsorge dienen und vorzeitig aufgelöst werden können

Freibetrag 150 Euro pro Lebensjahr (min. 3.100 Euro/ max. 9.750 Euro)

Dient die Lebensversicherung jedoch der Altersvorsorge und kann nicht vor Rentenbeginn verwertet werden, gelten andere Freibeträge. So z.B. 750 Euro pro Lebensjahr (bei ab 1964 geborenen Antragstellern) mit einem Höchstbetrag von 50.250 Euro. Weitere Infos zur Vermögensanrechnung bei Hartz IV.

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