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Studie: 7,98 Euro Stundenlohn sind Hartz IV Niveau

Schaubild Stundenlohn und Anspruch auf Grundsicherung nach Haushalten

Für eine aktuelle Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation der Uni Duisburg-Essen (IAQ) hat Prof. Dr. Gerhard Bäcker untersucht, wie hoch der Stundenlohn eines Beschäftigen ausfallen muss, damit dieser mindestens das Niveau von Hartz IV erreicht. Dabei kam der Forscher im Bundesdurchschnitt auf einen Betrag von 7,98 Euro pro Stunde brutto, die ein Single verdienen muss, um seinen Grundsicherungsbedarf zu decken. In einer Modellrechnung hat das Institut Bruttolöhne verschiedener Haushaltsgrößen und Mietrichtwerte (angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung im Bundesdurchschnitt) gegenüber gestellt und daraus die jeweiligen Stundenlöhne bei Vollzeit (37,7 Stunden/ Woche) abgeleitet.

Dabei spielen die hohen Kosten der Unterkunft und Heizung eine entscheidende Rolle. Vollzeitbeschäftigte werden so in die Lage versetzt, mit Hartz IV aufstocken zu müssen. Lebt ein Single beispielsweise in München, muss er wegen der hochen Mieten mindestens einen Stundenlohn von 9,66 Euro erzielen – aufgrund der gestiegenen Neumieten in der bayrischen Großstadt sogar bis zu 10,93 Euro – um das Hartz IV Niveau zu erreichen, bei einem Regelsatz von 382 Euro.

In der Studie des IAQ wurden aus den Bruttolöhnen die Nettoentgelte ermittelt, wobei auch ein eventueller Wohngeldanspruch berücksichtigt wurde. Obwohl die Mieten steigen, ist zu beachten, dass mit zunehmendem Einkommen auch der Anspruch auf Wohngeld entfällt, da die Miethöchstbeträge in den Wohngeldtabellen seit 2009 nicht mehr angepasst wurden. Sind Kinder im Haushalt zu versorgen, erhalten Eltern zusätzlich auch das Kindergeld sowie den Kinderzuschlag. Diese Werte wurden anschließend zusätzlich um das anrechnungsfreie Einkommen bei Hartz IV Leistungen (Freibetrag Einkommen) bereinigt.

Bei einem Paar ohne Kinder liegt der Stundenlohn bei einem Alleinverdiener in Vollzeit im Bundesdurchschnitt bei 10,18 Euro. In München ergeben sich bereits 11,63 Euro und unter Berücksichtigung der Mietobergrenzen der Stadt sogar 13,23 Euro. Die reine Grundsicherungsleistung nach dem SGB II beläuft sich je volljährigen Partner in der Bedarfsgemeinschaft auf 345 Euro.

Sind Kinder im Haushalt zu versorgen, erhöht sich zwar grundsätzlich der Gesamtbedarf, allerdings wird das Einkommen des Alleinverdieners in diesem Fall noch mit Kindergeld, Kinderzuschlag und Wohngeld aufgestockt. Aus diesem Grund weicht der durchschnittliche Stundenlohn zu dem eines Paares ohne Kind nur gering ab und beträgt 10,65 Euro, um das Grundsicherungsniveau zu erreichen. Für München ergeben sich wieder enorme Abweichungen, hier liegen die Stundenlohnwerte auf Hartz-IV-Niveau zwischen 14,29 und 16,43 Euro.

hohe Dunkelziffer bei Hartz IV Aufstockern

Wie Prof. Bäcker feststellt, resultiert der hohe Anteil an Aufstockern in Vollzeitbeschäftigung aus den Niedriglöhnen und den hohen Mieten. Dabei dürfte die Dunkelziffer höher sein, als die Statistiken der Agentur für Arbeit hergeben, da seiner Meinung nach viele nicht wissen, welche Leistungen ihnen nach dem SGB II zustehen.

Eine zentrale Ursache ist die fehlende Information: Angesichts der
äußerst komplexen Regelungen und Zusammenhänge von Nettoarbeitseinkommen, Wohngeld und Kinderzuschlag einerseits und anerkannten
Kosten der Unterkunft, Regelsätzen und Freibeträgen bei der Grundsicherung andererseits haben die Betroffenen keine Kenntnisse darüber,
ob und inwieweit noch ein ergänzender Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung besteht. Auch die Jobcenter zeichnen sich nicht dadurch
aus, dass sie Erwerbstätige im Niedriglohnsektor gezielt über mögliche Grundsicherungsansprüche informieren.“

Der Arbeitsmarktforscher geht davon aus, dass viele Beschäftigte trotz Vollzeittätigkeit noch zusätzlich Nebenjobs ausüben und Überstunden ableisten, um ihr Niedrigeinkommen aufzubessern.

Statistik zu Aufstockern

Schaubild zu Hartz IV Empfängern und erwerbstätigen AufstockernDiese Statistik zeigt den Anteil der Aufstocker im Vergleich zu allen erwersbsfähigen Hartz IV Empfängern. Von diesen gehen nach einer anderen Untersuchung des IAQ 44 Prozent einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach, davon sogar fast 58 Prozent einer Vollzeitbeschäftigung (ca. 305.000). Nach Expertenmeinung könnte die tatsächliche Zahl aber doppelt so hoch sein.

Studie: http://www.sozialpolitik-aktuell.de/tl_files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Sozialstaat/Datensammlung/PDF-Dateien/abbIII41a.pdf

Weiterführende Seiten zum Thema:

Hartz IV Anspruch 
Hartz IV Rechner