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Hartz 4 Sanktion rechtswidrig – Jobcenter trägt Beweislast für Postsendung

Verschickt das Jobcenter einen Vermittlungsvorschlag an einen Hartz 4 Empfänger per Standardbrief, so muss es auch beweisen, dass das Schreiben tatsächlich beim Hilfebedürftigen angekommen ist. Auch wenn der Leistungsempfänger keine Reaktion auf das Schreiben zeigt, dürfen nicht einfach Leistungskürzungen verhängt werden. Dies geht aus einem aktuellen Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe hervor (Az. S 12 AS 184/13), welches einer 30-Jährigen Recht gab, die die Hartz IV Sanktionen nicht hinnehmen wollte und sich nach fruchtlosem Widerspruch somit erfolgreich zur Wehr setzte.

Die Klägerin, die mit Mann und zwei Kindern in Bedarfsgemeinschaft lebt, beantragte ab April 2012 Hartz IV Leistungen. Nach Aussage des Jobcenters wurde der Hilfebedürftigen Endes Juli des letzten Jahres ein Vermittlungsangebot zugeschickt, per Post als Standardbrief. Nachdem sich die Leistungsbezieherin bei dem im Vermittlungsvorschlag genannten Arbeitgeber nicht meldete, wandte sich dieser wieder an das Jobcenter, welches die Klägerin gemäß § 24 SGB X anhören wollte. Auch hier erfolgte seitens der Hartz IV Bezieherin keine Reaktion, woraufhin die Leistungsbehörde ihr gemäß §§ 31 und 31 a SGB II eine Sanktion auferlegte und den Regelsatz für den Zeitraum Oktober 2012 bis Januar 2013 um 30 Prozent kürzte.

Widerspruch erfolglos

Der Widerspruch der zweifachen Mutter war zunächst erfolglos, in dem sie der Behörde mitteilte, sie habe keine Post erhalten und konnte sich demzufolge auch nicht bewerben. Dies akzeptierte das Jobcenter nicht und teilte im Widerspruchsbescheid mit, dass kein Postrückläufer vermerkt worden sei. Zudem sei das Jobangebot bereits „telefonisch besprochen und eine Rechtsfolgenbelehrung erteilt worden“.

Die Klage hatte Erfolg, denn die Karlsruher Sozialrichter teilen die Auffassung des Jobcenters nicht.

Jobcenter muss Briefzustellung nachweisen

Das SG Karlsruhe stellte darauf ab, dass das Jobcenter nicht nur den Versand des Briefes sondern auch dessen tatsächliche Zustellung nachweisen muss. Nach Ansicht der Vorsitzenden könne man sich nicht auf einen Anscheinbeweis verlassen, da es regelmäßig vorkommt, dass Postsendungen verloren gehen oder nicht ankommen. Auch könne sich der Leistungsträger nicht auf die Zugangsfiktion gemäß § 37 Abs. SGB X berufen, da dieser nur für Verwaltungsakte (wenn in der Akte ein Aufgabedatum vermerkt ist) und nicht für einfache Postwurfsendungen gelte.

Auch das angesprochene Telefonat bezüglich des Vermittlungsvorschlags mit der Hartz IV  Bezieherin werfe kein anderes Licht auf den Sachverhalt, da fraglich sei, ob eine telefonische Besprechung Pflichtverletzungen nach § 31 SGB II herbeiführen und der Rechtsfolgenbelehrung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügen kann.

Da die Hartz IV Sanktionen damit rechtswidrig auferlegt wurden, sind diese aufzuheben.

Urteil vom 27.03.2013