In der Europäischen Union leben und arbeiten viele Menschen, die eigentlich aus einem anderen Land kommen. Dies ist deren gutes Recht und stützt sich auf die Möglichkeit der allgemeinen Reise- und vor allem Aufenthaltsfreiheit der Bürger der Europäischen Union. Abgesichert sind eben diese durch das Europäische Fürsorgeabkommen. Genau das hat im letzten Monat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz beschäftigt.
Ein Europäischer Bürger mit der Staatsangehörigkeit Luxemburg lebt in Deutschland zum Zweck der Arbeitssuche. Zur Sicherung seines Lebensunterhaltes hat eben dieser Leistungen zur Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II beantragt. Das zuständige Jobcenter lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, dass der Lebensumstand des Luxemburgers, auch aufgrund einer fehlenden Freizügigkeitsbescheinigung, durch §7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des II. Sozialgesetzbuchs ein klares Ausschlusskriterium darstellt. Weiterhin bezog sich die Ablehnung auf einen 2011 beschlossenen Vorbehalt, welcher die Anwendbarkeit des Europäischen Fürsorgeabkommens auf die Leistungen zur Grundsicherung beschränkt. In Folge dessen ging der Antragsteller in Berufung und das Landessozialgericht von Rheinland-Pfalz übernahm die Verhandlung.
Im Urteil des Gerichts mit dem Aktenzeichen L 3 AS 250/12 B ER wurde beschlossen, dass der Luxemburger durchaus berechtigt ist, Leistungen nach Hartz IV zu beziehen. Die Begründung dafür: „EU-Bürger, die bereits eine tatsächliche Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt aufgebaut haben, dürfen nicht von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen werden, weil sie sich allein zum Zweck der Arbeitsuche in Deutschland aufhalten.“ Somit ist also klar, dass die Regelung des II. Sozialgesetzbuchs aufgrund des Europäischen Fürsorgeabkommens ausgehebelt worden ist. Sämtliche Ausschlüsse sind demnach in Frage gestellt. Ein sechs Jahre altes Gesetz kann nicht als neue Rechtsprechung ausgelegt werden. Weiterhin ist ein Verstoß gegen das primärrechtliche Diskriminierungsverbot nicht ersichtlich.
Das Gericht hat das Urteil jedoch nur vorläufig getroffen. Durch die derzeitige, offene Rechtslage ist hier eine Folgeabwägung nötig. Dennoch erhält der Luxemburger die nötigen finanziellen Mittel, um weiterhin in Deutschland einer beruflichen Tätigkeit nachgehen zu können. Die Kosten für das Verfahren wurden dem zuständigen Jobcenter auferlegt.