Hartz IV gilt als hart und sozial ungerecht. Eine Behauptung, die sich zwar nicht grundsätzlich aufrecht erhalten lässt. Allerdings macht ein Urteil des Bundessozialgerichts in Kassel klar, welche Tragweite die vor zehn Jahren entstandenen Reformen bedeuten – auch für Schwerbehinderte. Denn in dem verhandelten Verfahren ging es um die leidige Frage, ob Zinsen, welche über ein Schmerzensgeld erwirtschaftet wurden, zum Einkommen gehören oder nicht angerechnet werden dürfen.
Hintergrund: Die betroffene Familie erlitt einen Unfall (Mutter und deren beiden Kinder), als dessen Folge schwere Behinderungen bei den Kindern zurückblieben. Das als Folge zugesprochene Schmerzensgeld in Höhe von 132.500 Euro legte die Familie an und erhielt dafür Zinsen.
Einheit aus Schmerzensgeld und Zinseinkünften
Für das zuständige Jobcenter war die Sachlage klar, die Zinsen sind als Einkünfte zu werten und sind damit anzurechnen. Eine andere Haltung vertraten allerdings die Vorinstanzen des BSG. In deren Augen herrsche zwischen dem Schmerzensgeld und den daraus erwirtschafteten Zinsen ein Zusammenhang – der Schutz, welcher sich nach dem SGB II auf das Schmerzensgeld bezieht, sei demnach auch auf die Kapitalzinsen zu beziehen.
Das Bundessozialgericht in Kassel sieht die Lage dagegen vollkommen anders. In dessen Augen müsse sehr wohl zwischen dem Schmerzensgeld und dem Zinszufluss getrennt werden. Eine Tatsache zum Nachteil einer Familie, die nicht nur mit der Behinderung zweier Kinder im Alltag zurechtkommen muss, sondern nun auch möglicherweise – als Folge des Richterspruchs aus Kassel (Az.: B 14 AS 103/11 R) – einen finanziellen Nachteil zu verkraften hat. Denn das zuständige LSG hat jetzt zu entscheiden, in welchem Umfang die Familie Geld zurückzahlen muss.