Auch bei einer normalen Krankschreibung muss ein Hartz-IV-Empfänger der ARGE zur Verfügung stehen. Das entschied das Bundessozialgericht in Kassel.
Ein Empfänger von Hart IV hatte gegen die Entscheidung der für ihn zuständigen ARGE geklagt, nachdem er mehrfache Auffordungen zum persönlichen Erscheinen im Amt mit Krankschreibungen „beantwortete“ und das Amt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht akzeptierte. Die ARGE senkte das ALG II des Klägers um 10 Prozent. Nachdem der Kläger nach der Sanktion erneute den Meldeaufforderungen nicht nachkam, wurden die Leistungen in zwei Schritten um 20 Prozent beziehungsweise 30 Prozent abgesenkt, nach einem weiteren Meldeversäumnis schließlich auf 40 Prozent.
Die Klage vor dem Landessozialgericht hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht der Richter habe die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit nicht gleichzeitig die Unfähigkeit zur Wahrnehmung eines Meldetermins begründet, womit die Meldepflicht nicht entfallen sei. Aus den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, einer Bestätigung über einen Kontakt mit einer Arztpraxis an einem Meldetermin und sonstigen medizinischen Unterlagen ergäbe sich kein wichtiger Grund für die Meldeversäumnisse.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Revision bei dem Bundessozialgericht in Kassel ein. Er begründete den Antrag damit, dass sie Sanktionierung einer wiederholten Pflichtverletzung voraussetze, dass ein erstes Sanktionsereignis bereits feststehe. Die Beklagte hätte ihn in einem individuellen Schreiben konkret über die Rechtsfolgen und ihre Auffassung aufklären und belehren müssen. Auch sei eine wiederholte Pflichtverletzung nicht gegeben, weil die Meldeversäumnisse in einem gewissen Zusammenhang stünden. Bei Arbeitsunfähigkeit sei ein wichtiger Grund für das Versäumnis eines Meldetermins auch unabhängig von der Angabe der hierfür maßgebenden Gründe anzunehmen.
Dieser Argumentation folgten die Bundesrichter nur teilweise. In dem Urteil wurde dem Kläger für den Zeitraum Recht gegeben, während er eine Sanktion von 30 Prozent erhielt. Der Bescheid im Zusammenhang mit dieser Sanktion war rechtswidrig und daher schon deswegen in vollem Umfang aufzuheben, weil es an einer weiteren wiederholten Pflichtverletzung fehlte. Nach dem gesetzgeberischen Konzept sollen dem Hilfebedürftigen durch den jeweils vorangehenden Sanktionsbescheid mit einer Minderung des ALG II in einer niedrigeren Stufe die Konsequenzen seines Verhaltens vor Augen geführt werden, bevor eine Minderung mit einem erhöhten Absenkungsbetrag erfolgt. Dieses gesetzgeberische Konzept würde umgangen, wenn für den gleichen Zeitraum mehrere Minderungsbescheide mit demselben Absenkungsbetrag erlassen werden könnten.
Die Revision des Klägers war auch begründet, soweit die Beklagte das ALG II des Klägers mit dem Bescheid vom 02.11.2001 um 40 % der Regelleistung abgesenkt hat. Der Senat hat im Tenor der Entscheidung die Absenkung klarstellend auf insgesamt 30 % gedeckelt, weil eine Addition der Absenkungsbeträge ausgeschlossen ist.
In der Sache selbst – die Nichtanerkennung der Krankschriften – bekam der Kläger jedoch nicht Recht. Das Bundessozialgericht folgte in diesem Bereich der Argumentation des Landessozialgerichtes.
Aktenzeichen: B 4 AS 27/10 R