Hoch her ging es im Bundestag bei der Hartz-IV-Debatte am 3. Dezember. Selten in den vergangenen Jahren wurde so erregt diskutiert und debattiert wie bei dieser denkwürdigen Auseinandersetzung zwischen Regierungskoalition und Opposition.
Zwar bemühte sich die von Sigmar Gabriel (SPD) als „Staatsschauspielerin“ titulierte Bundesarbeitsministerin von der Leyen (CDU) energisch darum, der Opposition doch noch eine Zustimmung zu den Änderungen bei Hartz IV abzuringen, aber die Fronten dürften mehr denn je in dieser Frage verhärtet sein. „Ich lade Sie ein, den Weg der Chancen mitzugehen und nicht auf dem Holzweg der Ablehnung zu bleiben“, rief die Ministerin der Opposition zu. Doch der Appell verhallte ungehört.
SPD, Grüne und die Linken (deren Fraktionsvorsitzender Gregor Gysi denn auch mal von Renate Künast als „Ochsenfrosch“ bezeichnet wurde) stimmten geschlossen gegen die geplanten Änderungen. In der lebhaften Debatte zuvor griff auch SPD-Chef Gabriel ein und bemühte sich redlich, von der Leyen zu entzaubern: „Wir können nicht in ihr Boot steigen, denn Sie schippern in die falsche Richtung“, moserte Gabriel und gab sich alle Mühe, die populäre Arbeitsministerin zu entzaubern: Eine „Staatsschauspielerin“ sei von der Leyen, „aber niemand, der die richtige Richtung einfordert“.
Zurückgewiesen wurde der Versuch der Ministerin, die SPD und Grünen für Hartz IV verantwortlich zu machen. Zwar stimme es, dass beide Parteien in der damaligen Regierungskoalition federführend bei der Entwicklung von Hartz IV gewesen seien, aber schließlich haben auch CDU, CSU und FDP dem Gesetz zugestimmt. Auch den Vorwurf von der Leyens, Rot-Grün hätten in ihrer Regierungszeit nichts für Kinder getan, sei (so Gabriel) die Unwahrheit. Schließlich habe Rot-Grün ein Ganztagsschulprogramm im Umfang von vier Milliarden Euro auf den Weg gebracht, die CDU-Ministerin – laut Gabriel eine „Verpackungskünstlerin“ – dagegen gerade einmal ein „Bildungspäckchen“ im Umfang von 700 Millionen Euro.
Zu einem Eklat kam es, als die CDU statt des vorgesehenen letzten Redner aus ihrer Partei die Bundesarbeitsministerin zum zweiten Mal in der Debatte an die Mikrophone ließ – diesmal ausdrücklich nicht als Ministerin, sondern als Abgeordnete. Während der Rede kam es einerseits zu lang anhaltendem Beifall der Regierungsfraktion und anderseits zu Tumulten bei der Opposition. Auf Antrag der Linken wurde die Sitzung nach der Rede unterbrochen.
In der anschließenden Schlussabstimmung setzte sich die Regierungsfraktion mit 302 Abgeordneten gegen 255 Nein-Stimmen durch.
Nun verlagert sich das Geschehen um die Hartz-IV-Änderungen in den Bundesrat. Auf seiner letzten Sitzung in diesem Jahr am 17. Dezember könnte dieser seine Zustimmung verweigern und den Vermittlungsausschuss anrufen. Der Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, machte in diesem Zusammen den Grünen massive Vorwürfe. Sie hätten mit ihrem Ausstieg aus der Hamburger Koalition mit der CDU bis zur entscheidenden Bundesrat-Sitzung warten können. Gysi: „Dann hätten wir eine klare Mehrheit im Bundesrat gehabt. Die geben Sie jetzt einfach auf.“
Das vorläufige Protokoll der denkwürdigen Debatte kann unter http://www.bundestag.de/dokumente/protokolle/vorlaeufig/17079.html eingesehen werden.