Zum Inhalt springen

Nebenkostennachzahlung beim Bürgergeld – was zahlt das Jobcenter?

Mann hält Abrechnung in der Hand

Gemäß § 22 SGB II kommt das Jobcenter im Bürgergeld Bezug grundsätzlich für die Zahlung der Nebenkosten einer Wohnung auf. Doch was passiert, wenn zu wenig Nebenkosten im Voraus gezahlt wurden und es dadurch zu einer Nebenkostennachzahlung kommt?
Wir klären Sie auf, ob und in welchem Umfang der Hilfebedürftige mit einer Unterstützung des Jobcenters rechnen kann.

Voraussetzungen für die Übernahme der Nebenkostennachzahlung vom Jobcenter

Zu den übernahmefähigen Kosten für Unterkunft und Heizung gehören auch Nachzahlungen aus der Betriebs- und/oder Heizkostenabrechnung. Daher muss das Jobcenter für die Nachzahlung der Nebenkostenabrechnung aufkommen. Folgende Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein:

  • Zum Zeitpunkt der Nebenkostenabrechnung besteht für den Mieter eine Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II. Wichtig: Allein durch die Nebenkostennachzahlung kann sich bereits eine Hilfebedürftigkeit entwickeln.
  • Der Bürgergeld Empfänger ist nicht verschwenderisch mit seinem Verbrauch umgegangen.
  • Der Mieter wohnt nach wie vor in der Wohnung, für die die Nebenkostennachzahlung fällig ist.
    Ausnahme:
    • Der Bedürftige ist im Rahmen einer Kostensenkungsaufforderung umgezogen.
    • Das Jobcenter hat den Umzug in eine andere Wohnung bewilligt und der Bedürftige befand sich ununterbrochen im Leistungsbezug nach SGB II (BSG v. 30.03.17 – B 14 AS 13/16 R).

Wichtig: Wenn das Jobcenter bereits die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung bezahlt, muss es nicht für die Zahlung der Nebenkostennachforderung aufkommen, weil dann davon ausgegangen werden kann, dass der Bedürftige NICHT sparsam mit seinem Verbrauch umgegangen ist.

Antrag auf Übernahme der Nebenkostennachzahlung

Sollte ein Hilfebedürftiger eine Nebenkostennachzahlung von seinem Vermieter erhalten haben, kann ein Antrag auf Übernahme der Nebenkostennachzahlung beim Jobcenter gestellt werden. Viele Jobcenter stellen hierfür einen Vordruck zur Verfügung, welcher entweder online heruntergeladen werden kann oder auf Nachfrage vom Jobcenter herausgegeben wird. Das Antragsformular muss vollständig ausgefüllt und zusammen mit der Nebenkostenabrechnung beim zuständigen Jobcenter eingereicht werden.

Wenn das Jobcenter keinen eigenen Vordruck zur Verfügung stellt, ist es möglich, die Nebenkostenabrechnung mit einem selbst verfassten Schreiben beim Jobcenter einzureichen.

Musterschreiben „Übernahmeantrag für Nebenkostennachzahlung

Es gibt keine besondere Frist, in der der Antrag auf Zahlung der Nebenkosten spätestens beim Jobcenter eingehen muss. Laut Bundessozialgericht darf das Jobcenter die Zahlung der Nebenkostennachzahlung nicht aufgrund etwaiger verspäteter Antragsstellung ablehnen (BSG – Urteil B 4 AS 62/09 R vom 22.03.2010). Um Ärger mit dem Vermieter zu vermeiden ist es jedoch ratsam, die Abrechnung zügig beim Jobcenter einzureichen, damit das JC die Summe schnell an den Vermieter auszahlen kann.

Sollten die Nebenkosten über dem angemessenen Bedarf liegen, ist es ratsam, etwaige Gründe hierfür direkt bei Einreichung der Nebenkostenabrechnung anzugeben. Dies beschleunigt die Bearbeitung des Antrags, da der zuständige Mitarbeiter nicht noch nachfragen muss, ob besondere Gründe für den erhöhten Bedarf vorliegen.

Nebenkostenabrechnung vom Vermieter einreichen lassen

Der Vermieter kann die Nebenkostenabrechnung auch selbstständig beim zuständigen Jobcenter einreichen. Hierfür ist es ratsam, ein Bestätigungsschreiben vom Hilfebedürftigen (= Mieter) beizufügen. So weiß das Jobcenter, dass der Mieter die Nebenkostennachzahlung anerkennt und mit einer Zahlung der Kosten einverstanden ist.

Auch ohne Nebenkostennachzahlung muss Nebenkostenabrechnung eingereicht werden

Der Hilfebedürftige ist grundsätzlich jedes Jahr dazu verpflichtet, dem Jobcenter die aktuelle Betriebs- und/oder Heizkostenabrechnung einzureichen – auch, wenn sich aus der Abrechnung keine Nachzahlung, sondern beispielsweise ein Guthaben ergibt.

Angemessenheitsprüfung der Nebenkostenabrechnung

Wie bereits in den oben aufgeführten Voraussetzungen genannt: Der Hilfebedürftige darf nicht verschwenderisch mit seinem Verbrauch umgegangen sein. Das Jobcenter wird die Nebenkostenabrechnung in jedem Fall detailliert prüfen.

Sollte das Jobcenter die Nachforderung nicht nachvollziehen können, kann es im Einzelfall passieren, dass der Vermieter angeben muss, weshalb sich welche Kosten erhöht haben. Dazu kommt es häufig, wenn sich zwar die Kosten, nicht aber der Verbrauch des Bedürftigen erhöht haben.

Beispiele: Die Kosten für Müllabfuhr und die Grundsteuer sind gestiegen. Oder die Reinigungskraft für das Treppenhaus wurde ausgewechselt und der Stundenlohn der neuen Fachkraft ist teurer, sodass sich die Reinigungskosten insgesamt erhöht haben.

Wenn die geforderte Nachzahlung angemessen ist, ist das Jobcenter in jedem Fall zur Kostenübernahme verpflichtet. Sollte die Nachforderung erstmals über dem angemessenen Betrag liegen, ist das Jobcenter ebenfalls verpflichtet, für die Nachzahlung aufzukommen. In einem solchen Fall wird das Jobcenter den Bedürftigen jedoch auffordern, künftig seine Nebenkosten zu senken (Kostensenkungsaufforderung).

Wenn das Jobcenter bereits in der Vergangenheit eine Kostensenkungsaufforderung aufgelegt hat und der Zeitraum der Nebenkostenabrechnung in den Zeitraum der Kostensenkungsaufforderung fällt, wird das Jobcenter die Nachzahlung nur für den Zeitraum übernehmen, in denen noch keine Kostensenkung aufgelegt wurde.

Beispiel:

  • Der Leistungsempfänger bekommt im Mai 2022 die Aufforderung vom Jobcenter, künftig seine Nebenkosten zu senken.
  • Im Mai 2023 versendet der Vermieter die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2022, aus der sich eine Nebenkostennachzahlung ergibt.
  • Das Jobcenter wird die Nachzahlung lediglich zu 5/12 übernehmen: Nämlich für die Monate Januar bis Mai 2022, da ab Mai 2022 die Aufforderung galt, ab dem nächsten Monat (Juni 2022) die Kosten zu senken.

Der Bedürftige ist der Aufforderung nicht im ausreichenden Maße nachgekommen, sodass er für die Nachzahlung zu 7/12 selbst aufkommen muss.

Nebenkostennachzahlung wird nicht (vollständig) vom Jobcenter übernommen

Wenn die Voraussetzungen für die Übernahme der Nebenkostennachzahlung nicht erfüllt werden, der Bedürftige verschwenderisch mit seinem Bedarf umgegangen und/oder einer Kostensenkungsaufforderung nicht nachgekommen ist, wird das Jobcenter die Nebenkostennachzahlung nicht (oder nicht vollständig) übernehmen.

Doch was wird dann aus dem Hilfebedürftigen – Die Nebenkostenabrechnung muss schließlich in jedem Fall gezahlt werden? Bei einer sehr geringen Nachforderung wird es dem betroffenen Mieter vermutlich selbstständig möglich sein, den Betrag in kleineren Raten abzustottern. Doch wenn die Nebenkostennachzahlung höher ausfällt und der Betrag nicht einfach selbst abgestottert werden kann, steht der Bedürftige vor einer finanziellen Herausforderung.

Darlehen

Sobald die Gefahr besteht, dass der Hilfsbedürftige seine Wohnung verliert, weil er der Nebenkostennachzahlung nicht nachkommen kann, besteht die Möglichkeit, ein zinsfreies Darlehen vom Jobcenter zu erhalten. Das Jobcenter gewährt die vollständige Summe der Nebenkostennachzahlung in diesem Fall als Darlehen, welches vom Hilfebedürftigen vollständig zurückgezahlt werden muss.

Solange der Betroffene Bürgergeld erhält, wird das Jobcenter automatisch 10% vom Regelsatz einbehalten, bis das Darlehen zurückgezahlt ist. Nach Beendigung des Leistungsbezugs ist der dann noch fällige Restbetrag sofort fällig.

Nebenkostennachzahlung für alte Wohnung

Für die Bezahlung der Nebenkostennachzahlung vom Jobcenter ist es essentiell, dass der Hilfebedürftige nach wie vor in der Wohnung wohnt, für die die Nachzahlung fällig ist. Dies hängt damit zusammen, dass der Hilfebedürftige davor geschützt werden soll, die Wohnung aufgrund Nichtzahlung der Nachzahlung zu verlieren. Es gibt in diesem Zusammenhang aber zwei Ausnahmen:

  • Sollte der Bürgergeld Empfänger nicht mehr in der alten Wohnung wohnen und nur ausgezogen sein, weil ihm das Jobcenter eine Kostensenkungsaufforderung auferlegt hat, so ist das Jobcenter zur Zahlung der Nebenkosten verpflichtet.
  • Für den Fall, dass der Bedürftige aus einem anderen Grund ausgezogen ist, das Jobcenter jedoch trotzdem den Umzug in die neue Wohnung genehmigt hat und sich der Bedürftige unterunterbrochen im Leistungsbezug von SGB II befand, muss das Jobcenter ebenfalls für die Nachzahlung der Nebenkosten aufkommen (BSG v. 30.03.17 – B 14 AS 13/16 R).

Früher Bürgergeld – Jetzt nicht mehr

Eine der Vorraussetzungen zur Kostenübernahe durch das Jobcenter ist, dass sich der Mieter (aufgrund der Nebenkostennachzahlung) in einer Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II befindet. Sollte sich die Hilfebedürftigkeit zwischenzeitlich ändern und der Mieter kein Bürgergeld mehr erhalten, ist das Jobcenter nicht verpflichtet, für eine etwaige Nebenkostennachzahlung aufzukommen. Dies ist es auch dann nicht, wenn die Nebenkostenabrechnung für einen Zeitraum gilt, in welchem die Person noch hilfebedürftig gewesen ist und Bürgergeld / Hartz IV bezogen hat (Sozialgericht Mainz, Az. S 10 AS 200/12 ER).

Früher kein Bürgergeld – Jetzt schon

Das gleiche ist andersrum der Fall: Wenn der Hilfebedürftige im Abrechnungsjahr der Nebenkostenabrechnung noch kein Bürgergeld / Hartz IV bezogen und nicht hilfebedürftig gewesen ist, dies zum Zeitpunkt des Erhalts der Nebenkostenabrechnung aber ist, gehören die Kosten der Nebenkostennachzahlung zu den übernahmefähigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Einzige Voraussetzung: Die Person wohnt noch in der Wohnung, für die die Nebenkostennachzahlung fällig ist (BSG Urteil B 14 AS 121/10 R vom 24.11.2011).

Nebenkostenabrechnung kommt nicht fristgerecht

Der Vermieter ist dazu verpflichtet, einmal pro Jahr eine Nebenkostenabrechnung zu erstellen und diese dem Mieter auszuhändigen. Spätestens 12 Monate nach Ende des Abrechnungszeitraums muss der Mieter die Abrechnung erhalten haben.

Beispiel: Die Nebenkostenabrechnung beinhaltet den Zeitraum 01.01.2022 bis 31.12.2022. Spätestens am 31.12.2023 muss die Abrechnung beim Mieter eingegangen sein.

Erhält der Mieter die Nebenkostenabrechnung nicht fristgerecht, ist er nicht dazu verpflichtet, eine mögliche Nebenkostennachzahlung zu übernehmen. Das Jobcenter wird die Nebenkosten in einem solchen Fall ebenfalls nicht zahlen.

Ausführliche Informationen zur Nebenkostenabrechnung und Fristen finden Sie auf der Seite mietrecht.de unter Nebenkostenabrechnung.

Mehr zu Nebenkosten im Bürgergeld Bezug

Titelbild: Anastasija Vujic / shutterstock.com