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Nebenkostenerstattung bei Bürgergeld – Anrechnung durch Jobcenter

Taschenrechner und Schriftzug "Nebenkosten"

In der Regel wird die Nebenkostenerstattung beim Bürgergeld auf die Kosten der Unterkunft (KdU) angerechnet. Hilfebedürftigen entsteht dadurch aber kein Verlust, da die Kosten für die KdU im Voraus vom Jobcenter gezahlt werden. Hat der Hilfebedürftige einen Teil der KdU selbst gezahlt, darf die Nebenkostenerstattung teilweise oder sogar ganz behalten werden.

Mitteilungspflicht Jobcenter gegenüber

Gleich vorweg: Nach dem SGB II müssen Änderungen, die sich auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse beziehen, unverzüglich dem Jobcenter mitgeteilt werden. Zu einer solchen Mitteilungspflicht zählt auch die Nebenkostenerstattung, die sich aus der Nebenkosten– oder Stromabrechnung ergibt.

Anrechnung von Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung

Gemäß § 22 Abs. 3 SGB II mindern Guthaben und Rückzahlungen, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die Aufwendungen für die KdU nach dem Monat der Auszahlung. Das Guthaben wird nicht direkt nach Erhalt der Nebenkostenabrechnung, sondern erst im Monat nach der Auszahlung, auf die Kdu angerechnet. Sollte das Guthaben dabei höher ausfallen als die Jobcenter-Leistungen für Unterkunft und Heizung für einen Monat, wird das Guthaben auch in den darauffolgenden Monaten angerechnet.

Nebenkostenerstattung darf (anteilig) behalten werden – Ausnahmesituationen

Es gibt Ausnahmesituationen, in denen das Guthaben nicht oder nicht vollständig auf die Kdu angerechnet wird:

  • Nebenkosten wurden zum Teil selbst vom Hilfebedürftigen bezahlt
  • Guthaben wurde durch geliehenes Geld (Darlehen) aufgebaut
  • Nebenkostenguthaben gilt für Kosten, die der Hilfebedürftige selbst vom Regelsatz bezahlt hat (beispielsweise Heizkosten, die über dem angemessenen Bedarf liegen)
  • Nebenkostenerstattung bezieht sich anteilig auf nicht leistungsberechtigte Haushaltsmitglieder

Nebenkosten wurden teilweise selbst bezahlt – Miete liegt über angemessenem Bedarf

Das Jobcenter zahlt die Miete inklusive der Nebenkosten maximal bis zur angemessenen Höhe. Liegen die Kosten über dem angemessenen Bedarf, muss der Hilfebedürftige die Differenz vom Regelsatz begleichen. Die Nebenkosten werden in diesem Fall lediglich anteilig vom Jobcenter übernommen, sodass auch nur eine anteilige Anrechnung des Guthabens erfolgen darf.

Beispielrechnung:

  • pauschal sind 354,03 Euro monatlich als Bedarf für Unterkunft und Heizung anzuerkennen
  • Frau Müller findet lediglich eine Wohnung für 400 Euro monatlich
  • Jobcenter erlaubt die Anmietung der Wohnung. Voraussetzung: Frau Müller muss die Differenz zur Warmmiete, monatlich 45,97 Euro, vom Regelsatz bezahlen.

Wenn die Mietkosten über dem angemessenem Bedarf liegen und der Hilfebedürftige einen Teil der Miete selbst zahlt, ist das Nebenkostenguthaben anteilig (Höhe der monatlichen Mietzuzahlung x 12 Monate) anrechnungsfrei. Erst, wenn das Guthaben über diesem Betrag liegt, muss das überschüssige Guthaben an das Jobcenter abgetreten werden (SG Kiel, 02.12.2010 – S 38 AS 588/10 ER).

Beispielrechnung:

  • Frau Müller leistet monatlich eine Mietzuzahlung von 45,97 Euro (551,64 Euro jährlich) für ihre Unterkunft aus dem Regelbedarf
  • Die restliche Miete (354,03 Euro ) wird vom Jobcenter gezahlt
  • Aus der Nebenkostenabrechnung ergibt sich ein Guthaben i. H. v. 300,00 Euro
  • Die Mietzuzahlung von Frau Müller betrug im Jahr 551,64 Euro. Das Nebenkostenguthaben liegt unter dem Zuzahlungsbetrag x 12 Monate

Das Guthaben darf in diesem Fall nicht vom Jobcenter angerechnet werden.

Welche Kosten als angemessen gelten erfahren Sie unter Angemessene Wohnkosten bei Bürgergeld Bezug.

Guthaben wurde durch geliehenes Geld aufgebaut

Sollte ein Bürgergeld Empfänger ein zweckgebundenes Darlehen von einem Freund, Bekannten oder Familienmitglied erhalten und dieses zur Zahlung seiner Unterkunftskosten nutzen, darf das Jobcenter ein so aufgebautes Nebenkostenguthaben nicht auf die Grundsicherung anrechnen (LSG Nordrhein Westfalen, 11.12.08 – L 7 AS 62/08). Ein Darlehen können Hilfebedürftige übrigens auch vom Jobcenter erhalten. Wie das abläuft erfahren Sie unter Darlehen vom Jobcenter.

Nebenkostenguthaben wurde aus dem Regelsatz aufgebaut

Bezieht sich das Guthaben auf Kosten, die der Hilfebedürftige selbst vom Regelsatz beglichen hat (bspw. Stromkosten), darf dieses nicht als Einkommen auf den Regelsatz angerechnet werden.

Nebenkostenerstattung bezieht sich anteilig auf nicht leistungsberechtigte Haushaltsmitglieder

Wurde die Miete inklusive der Nebenkosten anteilig von einem nicht leistungsberechtigten Haushaltsmitglied gezahlt, darf das Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung nicht in voller Höhe auf den Bedarf des Leistungsberechtigten angerechnet werden. Das Guthaben ist in diesem Fall lediglich anteilig anzurechnen.

Beispiel:

  • Mutter erhält Bürgergeld
  • Der nicht leistungsberechtigte Sohn wohnt mit Mutter zusammen in einer Unterkunft (Haushaltsgemeinschaft, keine Bedarfsgemeinschaft)
  • Sohn zahlt die Kosten für Miete und Unterkunft zu 40 %, das Jobcenter zahlt die restlichen 60 %
  • Aus der Nebenkostenabrechnung ergibt sich ein Guthaben i. H. v. 100 Euro. Hiervon darf das JC lediglich 60 Euro auf den Leistungsbezug der Mutter anrechnen, denn 40 % des Guthabens stehen dem Sohn zu

Änderungsbescheid

Wenn das Jobcenter nach Prüfung des Nebenkostenguthabens zu dem Entschluss kommt, dass der Hilfebedürftige das Guthaben nicht selbst behalten darf, wird das Jobcenter einen entsprechenden Änderungsbescheid erlassen. Aus diesem geht hervor, in welcher Höhe und über welchen Zeitraum das Guthaben angerechnet wird.

Beispiel:

  • Frau Müller bekommt im März 2024 die Nebenkostenabrechnung, aus der sich ein Guthaben von 200 Euro ergibt.
  • Sofort informiert sie das Jobcenter und stellt der zuständigen Mitarbeiterin die Abrechnung zur Verfügung.
  • Erst im April kommt der Vermieter dazu, das Guthaben auszuzahlen.
  • Frau Müller sendet dem JC den Kontoauszug, aus dem die Überweisung hervorgeht, zu.
  • Das Jobcenter prüft nun, ob eine Aufrechnung erfolgen muss oder nicht.
  • Letztendlich muss das Guthaben angerechnet werden. Die zuständige JC-Mitarbeiterin rechnet das Guthaben jetzt gegen die Unterkunftskosten auf und versendet einen entsprechenden Änderungsbescheid für Mai 2024.
  • Die Unterkunftskosten für Mai 2024 werden genau um 200 Euro (Summe des Guthabens) gekürzt. Die dadurch fehlenden 200 Euro muss Frau Müller selbstständig durch die Guthabenerstattung an den Vermieter zahlen.

Mehr zum Bescheid vom Jobcenter unter Bürgergeld Bescheid.

Guthaben aus Stromabrechnung

Sollte der Hilfebedürftige eine Rückzahlung für eine Aufwendung erhalten, die nicht vom Jobcenter, sondern von ihm im Voraus geleistet wurde, darf das Guthaben hingegen nicht als Einkommen gewertet und angerechnet werden (B 14 AS 118/10 R). Dies ist insbesondere bei Stromkosten der Fall. Stromkosten werden vom Hilfebedürftigen in voller Höhe selbstständig vom Regelsatz beglichen, sodass eine etwaige Strom-Rückzahlung nicht vom Jobcenter angerechnet werden darf.

Guthaben aus Zeiten vor dem Leistungsbezug

Grundsätzlich spielt es zunächst keine Rolle, für welchen Zeitraum eine Nebenkostenerstattung erfolgt. Erhält man eine Erstattung der Betriebskosten während des Leistungsbezuges, gilt ausnahmslos das Zuflussprinzip. Der § 22 Abs. 3 SGB II regelt, dass Guthaben, welches die Kosten für Unterkunft und Heizung betrifft, im Folgemonat des Zuflusses leistungsmindernd auf das Bürgergeld angerechnet wird – dies gilt auch für jene Guthaben aus Zeiten, in denen der Hilfebedürftige noch gar nicht hilfebedürftig gewesen ist und die Kosten für Unterkunft und Nebenkosten vollständig selbst geleistet hat.

Diese Praxis hatte auch das Bundessozialgericht mit Urteil B 4 AS 7/20 R vom 24.06.2020 bestätigt und erklärt, dass Nebenkostenerstattungen aus Zeiten vor dem Leistungsbezug im laufenden Leistungsbezug als Einkommen nach § 22 Abs. 3 SGB II abzurechnen sind.

Guthaben im Monat vor Leistungsbezug

Bei Nebenkostenguthaben, die im Monat vor dem Leistungsbezug auf dem Konto der Bürgergeld Bedürftigen eingehen, kann es Probleme bei der Anrechnung geben, die sich aus der Formulierung des § 22 Abs. 3 SGB II ergeben, der besagt, dass Guthaben im Folgemonat des Zuflusses angerechnet werden. Nach dieser Auslegung würden im Monat vor dem Leistungsbezug zufließende Betriebskostenguthaben dann im ersten Monat des Leistungsbezuges als Einkommen angerechnet, da dies dann der Monat ist, der auf den Zufluss folgt.

Mit dieser Auslegung würden aber Nicht-Hilfebedürftige im Monat vor der Hilfebedürftigkeit bereits den Regelungen des SGB II unterworfen und wären gezwungen, das Guthaben für den Folgemonat aufzusparen. Hierzu hatte aber bereits das LSG Hamburg 2015 unter dem Az.: 4 AS 12/14 klargestellt und erklärt, dass es sich beim § 22 Abs. 3 SGB II lediglich um eine Anrechnungsregelung handle, die Jobcentern die Anrechnung von Betriebskostenguthaben erleichtern soll, die Bürgergeld-Bedürftige bereits für Zeiten des Leistungsbezuges erhalten.

Neben der Möglichkeit der Nebenkostenerstattung besteht aber auch die Möglichkeit der Nebenkostennachzahlung. In welchen Fällen das Jobcenter die Nachzahlung übernimmt und wann gerade nicht erfahren Sie unter Nebenkostennachzahlung beim Bürgergeld.

Titelbild: Nicole Lienemann/ shutterstock.com