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Nebenkosten mit Bürgergeld – Was zahlt das Jobcenter?

FIgur eines Hauses mit Münzen daneben

Die Nebenkosten werden im Bürgergeld Bezug im Rahmen der Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) vom Jobcenter übernommen. Allerdings gibt es Ausnahmen, denn nicht alle Nebenkosten werden vom Jobcenter getragen. Der Strom muss beispielsweise selbst aus dem Regelsatz beglichen werden. Voraussetzung für die Übernahme der vollen Kosten ist, dass die Nebenkosten angemessen hoch sind – ansonsten droht ein Kostensenkungsverfahren. 

Welche Kosten gehören zu den Kosten für die Unterkunft?

Die Miete einer Wohnung setzt sich grundsätzlich aus der Kaltmiete, Betriebs- bzw. Nebenkosten und Strom zusammen. Weitere Posten, wie beispielsweise die Kosten für einen Internet- und Telefonanschluss oder Pay-TV, können individuell hinzukommen.

Nach § 22 SGB II zahlt das Jobcenter die Kosten für die Unterkunft inklusive der Nebenkosten. Dazu gehören insbesondere:

  • Die Kaltmiete
  • Sogenannte „kalte“ Betriebskosten
  • Heiz- und Heiznebenkosten („warme“ Betriebskosten)

Wenn das Wasser zentral aufgewärmt wird und deshalb auch in den Betriebskosten aufgeführt ist, zählen die Kosten für die Warmwasseraufbereitung ebenfalls zu den Nebenkosten. Zum Thema Warmwasser informieren wir Sie weiter unten im Text ausführlich.

Kaltmiete

Die Kaltmiete deckt allein die Kosten ab, die sich durch die Raumnutzung der Wohnung ergeben. Der Preis wird vom Immobilieneigentümer festgelegt. Die Kosten für die Kaltmiete werden vom Jobcenter in voller Höhe übernommen. Voraussetzung: Der Wohnraum ist angemessen (45 – 50qm für einen Single) und die Kaltmiete liegt im angemessenen Bereich. Mehr dazu unter Angemessene Wohnkosten.

Kalte Betriebskosten

Zu den kalten Betriebskosten gehören alle Aufwendungen, die im direkten Zusammenhang mit der Wohnung stehen und im Mietvertrag aufgeführt sind. Dazu gehören beispielsweise:

  • Müllabfuhr
  • Hausmeister
  • Grundsteuer
  • Reinigungskraft für das Treppenhaus
  • Wasser / Abwasser

Warme Betriebskosten

Die Heizkosten (Gas, Öl, Fernwärme) sowie mögliche Heiznebenkosten zählen zu den warmen Betriebskosten. Sie werden gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen vom Jobcenter übernommen, sofern die Kosten angemessen sind.

Wann Nebenkosten angemessen sind, erläutern wir im vorletzten Absatz dieses Artikels.

Heizkosten im Detail

  • Schornsteinfegergebühren
  • Wartungs- und Betriebskosten der Heizungsanlage
  • Abgas-Messungen nach dem Immissionsschutzgesetz
  • Kosten für selbst gekaufte Brennstoffe / Heizmaterial

Die Kosten für die Warmwasseraufbereitung zählen ebenfalls zu den warmen Betriebskosten und werden bei einer zentralen Warmwasseraufbereitung direkt vom Jobcenter übernommen.

Wird das Wasser dezentral aufgewärmt, haben Betroffene Anspruch auf einen Mehrbedarf. Was es in Bezug auf die Warmwasseraufbereitungskosten im Detail zu beachten gibt, erläutern wir im nächsten Absatz.

Allgemeine Informationen zur Kostenübernahme im Rahmen der Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) durch das Jobcenter finden Sie unter Bürgergeld Kosten der Unterkunft und Heizung.

Kosten der Warmwasseraufbereitung

Es gibt zwei gängige Methoden der Warmwasseraufbereitung:

  • gemeinschaftliche Heizungsanlage im Gebäude (zentral)
  • Gastherme, Boiler, Durchlauferhitzer etc. in der Wohnung (dezentral)

Bei der zentralen Warmwasseraufbereitung werden die Nebenkosten direkt mit der Miete vom Jobcenter beglichen. Bei der dezentralen Aufbereitung des Warmwassers in der Wohnung haben Bürgergeld Bezieher hingegen einen zusätzlichen Anspruch auf Mehrbedarf, da die Heizkosten direkt mit den Gaswerken (bei Gastherme) oder dem Stromanbieter (bei Durchlauferhitzer oder Boiler) abgerechnet werden.

Mehrbedarf dezentrale Warmwasseraufbereitung

Sollte das Wasser mit Strom oder Gas in der Wohnung aufgewärmt werden (dezentrale Warmwassererzeugung via Durchlauferhitzer / Wasserboiler), gehen die Kosten zu Lasten des Hilfebedürftigen. In diesem Fall steht Bürgergeld Beziehern jedoch ein Mehrbedarf für die Warmwasseraufbereitungskosten zu. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils:

für Wen?RegelbedarfProzentsatzPauschale
Volljährige/ Alleinstehende563 €2,3 %12,95 €
volljährige Partner der Bedarfsgemeinschaft506 €2,3 %11,64 €
Volljährige unter 25 Jahren451 €2,3 %10,37 €
Kinder 15 – 18 Jahre471 €1,4 %6,59 €
Kinder 7 – 14 Jahre390 €1,2 %4,68 €
Kinder 0 – 6 Jahre357 €0,8 %2,86 €

Zentrale Warmwasseraufbereitung

Gibt es keinen wohnungseigenen Durchlauferhitzer / Wasserboiler, wird das Wasser zentral (wohnungseigene Kombitherme, Gasetagenheizung oder zentrale Heizungsanlage) aufgewärmt. Die Abrechnung erfolgt in diesem Fall über die Heizkosten, die wiederum zu den Nebenkosten gehören und daher direkt vom Jobcenter übernommen werden.

Aber: Die Kosten für Warmwasser werden – auch bei der zentralen Warmwasseraufbereitung – maximal bis zur Höhe des oben beschriebenen Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 7 SGB II berücksichtigt und erstattet.

Stromkosten vom Jobcenter?

Stromkosten für die eigene Wohnung werden grundsätzlich nicht vom Jobcenter gezahlt,  da sie vom Hilfebedürftigen aus eigener Tasche – vom Regelsatz – bezahlt werden müssen – der Gesetzgeber sieht einen Anteil von 8,48 % des Bürgergeld Regelsatzes für „Wohnen, Energie und Wohninstandhaltung“ als angemessen an. Der Allgemeinstrom in der Nebenkostenabrechnung, beispielsweise für die Treppenhausbeleuchtung etc. wird hingegen übernommen.

Da es in Bezug auf Guthaben oder auch Nachzahlungen bzw. Stromsperren (insbesondere Bürgergeld Darlehen) viele Besonderheiten gibt, finden Sie im Artikel Strom beim Bürgergeld ausführliche Informationen.

Wie hoch dürfen Nebenkosten im Bürgergeld-Bezug sein?

Angemessene Heizkosten

Das Jobcenter zahlt die Nebenkosten grundsätzlich in tatsächlicher Höhe. Hier gilt jedoch der Grundsatz der Angemessenheit. Die Herausforderung: Für Heizkosten gibt es kein Gesetz, in welchem die Höhe der angemessenen Heizkosten festgelegt ist.

Örtlich gibt es zwar Vorschriften bzw. „örtliche Erfahrungswerte“, nach denen sich die Jobcenter-Mitarbeiter richten. Grundsätzlich haben die Jobcenter aber das Recht, selbst zu entscheiden, wann Heizkosten zu hoch sind und aus diesem Grund nicht in voller Höhe erstattet werden.

Allerdings hat das Bundessozialgericht eine Grundsatzentscheidung hinsichtlich der Heizkosten getroffen und Grenzwerte festgelegt, deren Überschreitung eine Annahme der Unangemessenheit für Heizkosten rechtfertigt (BSG, Az. B 14 AS 36/08 R vom 02.07.09). In seinem Urteil nahm das Gericht Bezug auf die Tabelle des bundesweiten Heizspiegels.

Der Tabelle lässt sich beispielsweise entnehmen, dass in einem Mehrfamilienhaus mit einer Gesamtwohnfläche von 505 qm, Heizkosten (Erdgas) über 31,61 Euro pro m² und Jahr zu hoch sind. ➨ Bei einer 50 m² großen Wohnung wären dies 1.580 Euro Heizkosten im Jahr.

Trotz Heizspiegel: Das Jobcenter ist dazu verpflichtet, die individuelle Situation des Hilfebedürftigen zu berücksichtigen. Wenn die Wohnung beispielsweise an der Außenwand des Mehrfamilienhauses liegt, ist es logisch, dass die Heizkosten höher ausfallen können, als wenn die Wohnung in der Mitte liegt. Auch familiäre und gesundheitliche Aspekte sind vom Jobcenter zu berücksichtigen.

Angemessene kalte Betriebskosten

Die kalten Betriebskosten (Müllabfuhr, Hausmeistergebühren, etc.) spielen beim Bürgergeld eine eher untergeordnete Rolle. Sie werden nicht einzeln begutachtet, sondern ganzheitlich mit allen anderen Nebenkosten zusammen zur Berechnung der Leistungen herangezogen.

Richtiges Verhalten bei unangemessen hohe Nebenkosten

Sollten die Nebenkosten nicht angemessen hoch sein, besteht die Möglichkeit, zu begründen und nachzuweisen, weshalb die Nebenkosten individuell angemessen sind (BSG, B 14 AS 33/08 R vom 02.07.2009). Gründe können beispielsweise sein:

  • Schlechte Wärmedämmung des Hauses
  • Ältere / kaputte Heizungsanlage
  • Kleines Kind, welches mehr Wärme benötigt
  • Erhöhte Abfallgebühren
  • Schwere Erkrankung mit stark ausgeprägtem Kälteempfinden

Die Begründungen müssen entsprechend belegt bzw. nachgewiesen werden. Im Falle einer gesundheitlichen Begründung muss ein ärztliches Attest vorgelegt werden. Das Jobcenter wird daraufhin überprüfen, ob die Begründung die „zu hohen“ (nicht angemessenen hohen) Kosten rechtfertigt. Wenn die Gründe vom Jobcenter anerkannt werden, werden die Heizkosten in der tatsächlichen Höhe übernommen.

Nachweise müssen regelmäßig erbracht werden

Bürgergeld Bedürftige sind regelmäßig dazu verpflichtet, entsprechende Nachweise für den erhöhten Nebenkosten-Bedarf vorzulegen. Wenn kein besonderer Grund mehr vorliegt, der höhere Nebenkosten rechtfertigen würde, wird das Jobcenter in Zukunft nur noch die angemessenen Betriebskosten gewähren und zahlen.

Kostensenkungsaufforderung

Kann keine Begründung für eine individuelle Angemessenheit gegeben werden, wird das Jobcenter den Betroffenen auffordern, die Kosten zu senken. In der Regel wird dem Betroffenen hierfür eine Frist von längstens sechs Monaten gewährt, um die Kosten zu senken (§ 22 Abs. 1 SGB II). Diese Frist gilt sowohl für die Bruttokaltmiete, als auch für die Heizkosten (BSG-Urteil B 14 AS 54/07 R vom 19.09.2008).

Fristsetzung zur Kostensenkung

Der Leistungsberechtigte bzw. die Bedarfsgemeinschaft ist vom Jobcenter schriftlich auf die Unangemessenheit der Kosten hinzuweisen. Dabei sind die aktuellen Angemessenheitswerte (angemessene Wohnfläche, Bruttokaltmiete, Heizkosten) mitzuteilen. Zur Kostensenkung ist dem bzw. den Betroffenen eine Frist von sechs Monaten mit Beginn ab dem nächsten Monatsersten zu setzen (Achtung: Zustellungsdauer berücksichtigen).

Der laufende Monat ist in die Sechs-Monats-Frist nicht mit einzubeziehen. Die Kostensenkungsaufforderung stellt keinen Verwaltungsakt, sondern eine Anhörung dar.

Zwei bis vier Wochen vor Ablauf der Kostensenkungsfrist ist eine Erinnerung zu versenden.

Möglichkeiten der Kostensenkung

  • Heizkosten können selbstständig durch wirtschaftliches und sparsames Heizen gekürzt werden.
  • Die Wohnung kann ggf. untervermietet werden.
  • Umzug in eine günstigere Wohnung.

Der Umzug in eine günstigere Wohnung kommt wirklich nur als letzte Möglichkeit in Betracht. Denn ein Umzug ist auch für das Jobcenter immer mit Kosten (Umzug, Mietkaution, ggf. neue Möbel) verbunden! Daher ist das Jobcenter gemäß § 22 Abs. 1 S 4 SGB II verpflichtet, eine Wirtschaftlichkeitsprüfung unter Berücksichtigung der Folgekosten (i.S.d. § 22 Abs. 6 SGB II) durchzuführen. Sollte sich im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung herausstellen, dass ein Umzug unwirtschaftlich wäre, kann von der Absenkung der unangemessenen Aufforderung abgesehen werden.

Ein Umzug gilt als unwirtschaftlich, wenn sich die Umzugskosten nicht innerhalb von 24 Monaten amortisieren.

Kostensenkungsverfahren

Übersteigen die tatsächlichen Kosten die angemessenen auch bei Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, wird das Jobcenter den Betroffenen auffordern, die Kosten zu senken. Sofern nur die Heizkosten erhöht sind, die Bruttowarmmiete insgesamt aber angemessen ist, erfolgt nur ein Infoschreiben über sparsames und wirtschaftliches Heizverhalten.

Achtung: Werden die Kosten nicht innerhalb der genannten Frist gesenkt und ergab die Überprüfung des Jobcenters, dass eine Kostensenkung möglich gewesen, aber nicht durchgeführt wurde oder die Kostensenkungsbemühungen nicht ausreichend waren, werden die Kosten für Unterkunft und Heizung ab Ablauf der Übergangsfrist nur noch im Rahmen der Angemessenheit übernommen.

Kostenübernahme der Nebenkosten beim Eigenheim

Verfügt der Bürgergeld Empfänger über ein angemessenes Eigenheim, welches nicht als Vermögen angerechnet wird, dann ist das Jobcenter auch in diesem Fall verpflichtet, die angemessenen Nebenkosten (z. B. Heizkosten, Kosten für Wasser und Abwasser) zu übernehmen.

Hierzu gehören auch die Kosten für die Grundsteuer, Gebäudeversicherung sowie Schornsteinfegergebühren. Gemäß § 22 Abs. 2 SGB II werden auch unabweisbare Aufwendungen für nötige Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten vom Jobcenter übernommen.

Sollte das Eigenheim noch nicht abbezahlt sein, kommt das Jobcenter auch für die Zinsen des Kredits auf. Die eigentlichen Tilgungsraten werden hingegen nicht vom Jobcenter übernommen. Einzige Ausnahme: Das Haus wurde bereits viele Jahre vor dem Leistungsbezug erworben und ist fast abbezahlt (Landessozialgericht Darmstadt, Az.: L 6 AS 422/12).

Wichtig: Die Übernahme der Kosten für ein Eigenheim erfolgt im gleichen Rahmen wie für Hilfsbedürftige, die in einem Mietobjekt wohnen. Haus- oder Wohnungseigentümer werden Mietern gegenüber also nicht bevorteilt!