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Mehrbedarf für Warmwasser

Wird Warmwasser in Bürgergeld Haushalten (ehemals Hartz IV) dezentral aufbereitet, also mittels eines Durchlauferhitzers oder Warmwasserboilers etc., sind diese Kosten hierfür nicht im Regelsatz für Haushaltsstrom enthalten. Stattdessen erhalten Haushalte zur Deckung der Kosten für die dezentrale Warmwassererzeugung auf Antrag einen pauschalierten Mehrbedarf, der zusätzlich zur Regelleistung gezahlt wird.

Höhe des Mehrbedarfs

Die Höhe der Pauschale orientiert sich an der Regelbedarfsstufe sowie den dazugehörigen Prozentsätzen aus § 21 Abs. 7 SGB II (siehe nachfolgende Tabelle). Abhängig sind diese Pauschalen vom Alter des Hilfebedürftigen sowie davon, ob es sich um eine Bedarfsgemeinschaft mit einem Partner handelt.

Demnach kann für die Warmwasserkosten eine Mehrbedarf Pauschale in folgender Höhe beantragt werden (ausgehend vom Regelsatz ab 2023 beim Bürgergeld – 502 Euro):

Regelbedarffür Wen?ProzentsatzPauschale
502 €Volljährige/ Alleinstehende2,3 %11,55 €
451 €volljährige Partner der Bedarfsgemeinschaft2,3 %10,37 €
402 €Volljährige unter 25 Jahren2,3 %9,25 €
420 €Kinder 15 – 18 Jahre1,4 %5,88 €
348 €Kinder 7 – 14 Jahre1,2 %4,18 €
318 €Kinder 0 – 6 Jahre0,8 %2,54 €

Beispiel: Eltern und 2 Kinder (11 und 15 Jahre alt)

Vater: 451 Euro x 2,30% = 10,37 €
Mutter: 451 Euro x 2,30% = 10,37 €
Kind 1: 420 Euro x 1,40% = 5,88 €
Kind 2: 348 Euro x 1,20% = 4,18 €

Insgesamt hat die Familie einen Anspruch auf einen monatlichen Mehrbedarf für Warmwasser in Höhe von 30,80 Euro.

Unterdeckung trotz Zuschlag

Die Mehrbedarfszuschläge sind allerdings geringer als die realen Kosten, die für Energie zur Warmwasseraufbereitung aufgewendet werden müssen.

Beispiel: Nehmen wir an, eine Familie verfügt über einen sparsamen Durchlauferhitzer mit 18 kW, der täglich im Schnitt 20 Minuten genutzt wird (5 Minuten je Person). Bei 20 Minuten Volllast und einer Wassertemperatur von 60 Grad oder mehr würde sich der Verbrauch auf 6,0 kWh täglich belaufen. Da der Durchlauferhitzer eben nicht unter Volllast läuft und die Wassertemperatur auf 40 Grad eingestellt wurde, rechnen wir mit einem täglichen Verbrauch von 4,0 kWh, was bei einem Kilowattpreis von 55 Cent in 2023 mit 2,20 Euro täglich zu Buche schlägt. Auf das Jahr hochgerechnet sind es insgesamt 1.460 kWh und ein Gesamtbetrag von 803 Euro (monatlich 66,92 Euro).

Bei einem Strompreis von 55 Cent und einem angemessenem Verbrauch für vier Personen von 1.460 kWh steht den durchschnittlichen monatlichen Kosten von 66,92 Euro eine Mehrbedarfs Pauschale von 30,80 Euro gegenüber, was monatlich ein Defizit von 36,12 Euro bzw. 433,44 Euro jährlich bedeutet. Durch die geringe Mehrbedarfs-Pauschale im Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten entsteht eine massive Unterdeckung.

Hintergrund des Warmwasserzuschlags

Strom für die eigene Wohnung müssen Bürgergeld Bedürftige aus dem Regelsatz selbst bezahlen. Warmwasser gehört jedoch zu den Heizkosten, die üblicherweise im Rahmen der Kosten für Unterkunft und Heizung vom Jobcenter übernommen werden.

Häufig leben aber Bürgergeld Bedürftige aufgrund der extrem niedrigen Angemessenheitsgrenzen in älteren und nicht modernisierten Bauten, die noch nicht über eine Zentralheizung für die Warmwasserversorgung verfügen, sondern nur über einen Durchlauferhitzer oder Boiler etc. in der Wohnung selbst ausgestattet sind. Für Gasthermen gibt es übrigens keinen zusätzlichen Mehrbedarf, da die Kosten für die Gasversorgung den Kosten der Unterkunft und Heizung, insbesondere den Heizkosten zuzuordnen sind, die als separater Bedarf gezahlt werden.

Die Stromkosten für den Betrieb der Anlagen zur dezentrale Warmwasseraufbereitung – die den Heizkosten zugeordnet werden – müssen Bürgergeld Bedürftige selbst bezahlen. Um hier einen Ausgleich zu den Kosten der Unterkunft und Heizung zu schaffen, wird auf Antrag ein Mehrbedarf für Warmwasseraufbereitung eingeführt. Wobei hier im Regelfall kein separater Antrag gestellt werden muss sondern die dezentrale Warmwasserversorgung bereits beim Hauptantrag mitgeteilt wird

Wie allerdings bereits oben beschrieben, handelt es sich um pauschalierte Werte, die sich am maßgeblichen Regelsatz orientieren mit der Folge, dass diese Pauschalen bei Weitem die Kosten für den Betrieb von Durchlauferhitzer und Co. nicht decken.

Voraussetzungen für den Mehrbedarf

Den Mehrbedarf für dezentrale Warmwasseraufbereitung können nur Bürgergeld Leistungsempfänger erhalten, bei denen die Warmwasserkosten nicht bereits mit den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) abgedeckt sind.

Wichtig: Der Leistungsbezieher muss die Warmwasseraufbereitung selbst mit dem Versorger abrechnen (z.B. Stromanbieter) und nicht über die Nebenkosten an den Vermieter.

Beantragung

Es bedarf eines schriftlichen Antrags, dem auch eine Bescheinigung des Vermieters beigelegt werden muss, die belegt, dass die Warmwasseraufbereitung in der Wohnung dezentral und nicht über die Zentralheizung erfolgt.

Rückwirkende Beantragung möglich

Eine rückwirkende Beantragung ist möglich, allerdings nur für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr (nach § 44 SGB X und § 40 SGB II). Per Überprüfungsantrag kann eine Nachzahlung vom Jobcenter erwirkt werden.

Abweichender Bedarf zum Mehrbedarfsanspruch

Dass die Kosten niedriger als der Mehrbedarfszuschlag sind ist zwar möglich aber auch aufgrund der gestiegenen Energiepreise in 2022 und 2023 recht unwahrscheinlich. In der Regel werden die tatsächlichen Kosten der dezentralen Warmwasseraufbereitung deutlich höher als die Pauschalen sein, wie auch das obige Berechnungsbeispiel zeigt. 

Einzelfallabhängig kann also gemäß zweier Urteile des Bundessozialgerichts vom 07.12.2017 (B 14 AS 6/17 R) und vom 12.09.2018 (B 14 AS 45/17 R) der tatsächliche Verbrauch zugrunde gelegt und vom Jobcenter erstattet werden.

Laut Bundesagentur für Arbeit erfordert die Anerkennung eines abweichenden Warmwassermehrbedarfs dabei keine separate Verbrauchserfassung durch technische Einrichtungen – wie z.B. einen Verbrauchszähler. Sie erfordert stattdessen grundsätzlich Ermittlungen und hierauf gestützte Feststellungen.

Grundsicherung im Alter und Hilfe zum Lebensunterhalt

In Fall von Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung wird der Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung nicht nach dem SGB II gewährt. Die Regelungen für Bezieher dieser Leistungen bzw. Hilfe zum Lebensunterhalt finden sich im § 30 Abs. 7 SGB XII. Die Höhe sowie die sonstigen Voraussetzungen sind denen bei Bürgergeld Bezug identisch.

Das Wichtigste in Kürze zusammengefasst

Wie hoch ist der Mehrbedarf für Warmwasser?

In 2023 wird für einen alleinstehenden Erwachsenen bei Erhalt des vollen Regelsatzes von 502 Euro eine monatliche Pauschale in Höhe von 2,3%, also 11,55 Euro gezahlt. Abhängig von der Regelbedarfsstufe und Alter weicht die Pauschale ab. Für eine Familie mit zwei Kindern (11 und 15 Jahre alt) ergibt sich bspw. ein monatlicher Mehrbedarf von 30,80 Euro.

Wann Mehrbedarf Warmwasser SGB II?

Der Mehrbedarf kann beantragt werden, wenn die Warmwasseraufbereitung nicht über die Zentralheizung, sondern dezentral in der Wohnung des Leistungsbeziehers, also bspw. per Durchlauferhitzer oder Boiler erfolgt und die Kosten nicht durch Leistungen für Unterkunft und Heizung vom Jobcenter abgedeckt sind. Wichtig ist auch, dass die Abrechnung der Aufbereitungskosten mit dem Energieversorger direkt erfolgt.

Was ist eine dezentrale Warmwasserversorgung?

Dezentrale Warmwasserversorgung bedeutet, dass der Haushalt sein Warmwasser nicht über die Zentralheizung aufbereitet erhält, sondern mittels eines Durchlauferhitzers oder Warmwasserboilers. Sie ist Grundvoraussetzung für den Mehrbedarf für Warmwasser bei Bürgergeld Bezug.