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Hartz IV Kostensenkungsverfahren für Kosten der Unterkunft

Mann und Frau vor gepacktem Umzugskarton

Stetig steigende Mieten und Heizkosten haben zur Folge, dass immer mehr Menschen jeden Cent zweimal umdrehen müssen. Insbesondere Hartz IV Empfänger sind darauf angewiesen die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) im Rahmen der angemessenen Grenzen zu halten. Die KdU werden vom Jobcenter nur gezahlt, soweit diese für angemessen erachtet werden. Sind die Kosten der Unterkunft und Heizung zu hoch, kann das Jobcenter zur Verringerung der Kosten ein Kostensenkungsverfahren einleiten.

Was ist ein Kostensenkungsverfahren?

Jobcenter übernehmen für Hartz IV Empfänger die Kosten für Unterkunft und Heizung. Die Miete und Heizkosten dürfen jedoch die Angemessenheitsgrenze – die für jede Stadt und Kommune individuell festgelegt ist – nicht übersteigen. Ansonsten kann das Jobcenter dem Bedürftigen mitteilen, dass die KdU unangemessen hoch sind und reduziert werden müssen. Andernfalls droht die Kürzung der Leistungen für Miete und Heizkosten.

Bei Erhalt eine schriftlichen Kostensenlungsaufforderung wird das Kostensenkungserfahren eingeleitet. Es handelt sich bei dem Brief lediglich um ein reines Informationsschreiben und keinen offiziellen Verwaltungsakt, mit dem der Hartz IV Bedürftige darüber infomiert wird, dass die Kosten für Unterkunft und Heizung zu hoch sind.

Das Kostensenkungsverfahren zielt darauf ab, dass der Bedürftige die Kosten für Unterkunft und/oder Heizung dauerhaft auf den angemessenen Wert senkt.

Ziel des Kostensenkungsverfahrens: Weg von unangemessenen Wohnkosten – hin zu angemessenen Wohnkosten!

Rechtsgrundlage des Kostensenkungsverfahren ist § 22 Absatz 1 SGB II bzw. § 35 SGB XII:

Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

Ablauf des Kostensenkungsverfahrens

  1. Kostensenkungsaufforderung wird versendet
    Das Jobcenter verschickt einen Brief an den Mieter mit der Aufforderung die Kosten für ihre Unterkunft zu senken. Laut Gesetz muss der Mieter immer erst über die Unangemessenheit der Kosten informiert werden. Eine unangekündigte Kürzung der Kosten ist nicht zulässig.
  2. Aufzeigen von Maßnahmen
    Das Jobcenter muss Maßnahmen aufzeigen, in welcher Form Kosten gesenkt werden können: Mögliche Maßnahmen z.B.: Untervermietung, Reduzierung der Nebenkosten, Günstigere Wohnung, Zuzahlung aus nicht anrechenbarem Einkommen, Verhandlungen mit Vermieter über monatliche Heizkostenvorauszahlungen, energiesparendes Heizen und Lüften und Dämmmaßnahmen.
  3. Mieter hat nun bis zu 6 Monate Zeit (Regelübergangsfrist), die Kosten zu senken
    Da das Gesetz „längstens 6 Monate“ schreibt, liegt die genaue Festsetzung der Regelübergangsfrist im Ermessen des zuständigen Jobcenters.
  4. Unmöglichkeit der Kostensenkung
    In manchen Fällen ist eine Kostensenkung trotz Bemühung seitens des Mieters einfach nicht möglich, da z.B. ein Zeitmietvertrag besteht, eine Untervermietung nicht möglich ist, keine angemessenen Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt verfügbar sind oder die Wohnungsbesichtigungen erfolglos blieben. Dann muss das Verfahren ausgesetzt und die KdU vom Jobcenter im gleichbleibenden Umfang weiterhin übernommen werden.Achtung: Dringend Nachweise über den Versuch der Kostensenkung erforderlich!
  5. Umzug nicht wirtschaftlich
    Wenn die Kostensenkung lediglich mit einem Umzug zu erreichen ist, muss zuerst die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens abgewogen werden. Mit einem Umzug bei Hartz IV sind Folgekosten verbunden (Wohnungsbeschaffungskosten, Umzugskosten etc.), für welche das Jobcenter erneut aufkommen müsste. Die Kosten des Umzuges und die unangemessenen KdU der aktuellen Wohnung werden zur Abwägung vom Jobcenter ins Verhältnis gesetzt.
  6. Umzug unzumutbar
    Umzug (Wohnungswechsel) kann unzumutbar sein, z.B. insbesondere bei schweren Erkrankungen, Operationen etc. Auch diese Unzumutbarkeit muss vor dem Jobcenter begründet und ggfs. mit Nachweisen belegt werden (z.B. ärztliche Bescheinigung, psychologisches Gutachten)Im Einzelfall wird das Jobcenter von der festgelegten Mietobergrenze abweichen. Jedoch nur mit auszureichender Begründung möglich.
  7. Kein Erfolg bei Kostensenkung (ohne Gründe)
    Sofern nach Ablauf der höchstens 6-monatigen Frist keine Senkung der Kosten ohne Angabe anzunehmender Gründe stattgefunden hat, wird das Jobcenter die KdU kürzen und nach Ablauf der Übergangszeit nur noch die angemessenen Unterkunftskosten zahlen.Der betroffene Hartz IV Bedürftige muss dann zukünftig den, über den angemessenen Kosten liegende, Anteil aus eigener Tasche bzw. aus seinem Regelsatz zahlen.

Gut zu wissen: Die Aufforderung des Jobcenters zur Kostensenkung muss allgemein gehalten sein. Das Jobcenter darf nicht zum Umzug auffordern, sondern lediglich Maßnahmen wie zum Beispiel einen Wohnungswechsel schriftlich aufzeigen. Das Jobcenter darf Sie nicht zum Umzug zwingen.

Wie lange zahlt das Jobcenter unangemessene KdU?

In der Regel zahlt das Jobcenter die unangemessenen Kosten der Unterkunft solange wie das Kostensenkungsverfahren läuft. Dieses ist beendet, wenn der Mieter die Kosten für die Unterkunft gesenkt hat. Spätestens aber mit dem Ende der höchstens 6-monatigen Übergangsfrist.

Weiterzahlung, wenn trotz Bemühungen keine Kostensenkung möglich

Sollte trotz größter Bemühung, nach höchstens 6 Monaten keine Senkung der Mietkosten möglich sein, muss das Jobcenter weiterzahlen. Die Bemühungen müssen dem Jobcenter in Form von Nachweisen aufgezeigt werden.

Folgende Unterlagen dürfen als Nachweise im Kostensenkungsverfahren verwendet werden (am Beispiel Berlin):

  • Einladungsschreiben zu Besichtigungstermin
  • Bestätigung über Bewerbung bei Wohnungsgesellschaften
  • Bei öffentlichen Besichtigungsterminen: Angabe von Adressen, Ansprechpartner, Datum, Uhrzeit (als handschriftliche Notiz)
  • Bei telefonischer Kontaktaufnahme ohne schriftliche Unterlagen: Angabe von Wohnungsunternehmen, Datum, Uhrzeit und Ansprechpartner für die Wohnung
  • Beantragung des Wohnberechtigungsscheins

Weiterzahlung, wenn Kostensenkungsverfahren nicht korrekt durchgeführt wurde

Es ist durchaus anzunehmen, dass das Kostensenkungsverfahren seitens des Jobcenters nicht immer korrekt durchgeführt wird. Auch dann haben Sie Anspruch Widerspruch zu erheben. Das Jobcenter ist in diesem Fall weiterhin verpflichtet, die unangemessenen Kosten zu bezahlen.

Fehler in der KdU Berechnung

Viele KdU Berechnungen sind fehlerhaft. Tipp: Prüfen Sie alle Angaben des Jobcenters bezüglich der  angemessenen Miete und Heizkosten. Häufig basieren diese auf veralteten Statistiken oder ungültigen Angemessenheitsgrenzen.

Bei falscher Berechnung wird das Kostensenkungsverfahren dann oft nichtig, da der neu berechnete Bedarf bereits häufig unter der Angemessenheitsgrenze liegt.

Widerspruch gegen Kostensenkungsverfahren

Die Kostensenkungsaufforderung an sich ist kein Bescheid, der mit einem Widerspruch angegangen werden kann.

Am Ende der höchstens 6-monatigen Regelübergangsfrist erhält der Betroffene aber einen Bescheid, der über die Kürzung der KdU informiert. Erst dann kann Widerspruch erhoben werden.

Bildnachweis: Antonio Guillem/shutterstock.com