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Bürgergeld Kostensenkungsverfahren für Kosten der Unterkunft

Mann und Frau vor gepacktem Umzugskarton

Stetig steigende Mieten und Heizkosten haben zur Folge, dass immer mehr Menschen jeden Cent zweimal umdrehen müssen. Insbesondere Bürgergeld Empfänger sind darauf angewiesen die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) im Rahmen der angemessenen Grenzen zu halten. Die KdU werden vom Jobcenter nur gezahlt, soweit diese für angemessen erachtet werden. Sind die Kosten der Unterkunft und Heizung zu hoch, kann das Jobcenter zur Verringerung der Kosten ein Kostensenkungsverfahren einleiten.

Hinweis: Mit der Einführung des Bürgergeldes zum 01.01.2023 hat der Gesetzeber zeitgleich eine Karenzzeit von zwölf Monaten eingeführt – in den ersten zwölf Monaten des Bürgergeld Bezuges werden die Wohnkosten nicht auf Angemessenheit überprüft und in tatsächlicher Höhe gezahlt. Dies Karenzzeit gilt nicht für die Heizkosten.

Was ist ein Kostensenkungsverfahren?

Jobcenter übernehmen für Bürgergeld Empfänger die Kosten für Unterkunft und Heizung. Die Miete und Heizkosten dürfen jedoch die Angemessenheitsgrenze – die für jede Stadt und Kommune individuell festgelegt ist – nicht übersteigen. Ansonsten kann das Jobcenter dem Bedürftigen mitteilen, dass die KdU unangemessen hoch sind und reduziert werden müssen. Andernfalls droht die Kürzung der Leistungen für Miete und Heizkosten.

Bei Erhalt einer schriftlichen Kostensenkungsaufforderung wird das Kostensenkungserfahren eingeleitet. Es handelt sich bei dem Brief lediglich um ein reines Informationsschreiben und keinen offiziellen Verwaltungsakt, mit dem der Bürgergeld Bedürftige darüber informiert wird, dass die Kosten für Unterkunft und Heizung zu hoch sind.

Das Kostensenkungsverfahren zielt darauf ab, dass der Bedürftige die Kosten für Unterkunft und/oder Heizung dauerhaft auf den angemessenen Wert senkt. Ziel des Kostensenkungsverfahrens: Weg von unangemessenen Wohnkosten – hin zu angemessenen Wohnkosten!

Ablauf des Kostensenkungsverfahrens

  1. Kostensenkungsaufforderung wird versendet
    Das Jobcenter verschickt einen Brief an den Mieter mit der Aufforderung die Kosten für ihre Unterkunft zu senken. Laut Gesetz muss der Mieter immer erst über die Unangemessenheit der Kosten informiert werden. Eine unangekündigte Kürzung der Kosten ist nicht zulässig.
  2. Aufzeigen von Maßnahmen
    Das Jobcenter muss Maßnahmen aufzeigen, in welcher Form Kosten gesenkt werden können: Mögliche Maßnahmen z.B.: Umzug in günstigere Wohnung, Untervermietung, Reduzierung der Nebenkosten, energiesparendes Heizen und Lüften und Dämmmaßnahmen etc.
  3. Mieter hat nun bis zu 6 Monate Zeit (Regelübergangsfrist), die Kosten zu senken
    Unangemessene Kosten für Unterkunft und Heizung werden nach Einleiten des Kostensenkungsverfahrens auch weiterhin vom Jobcenter übernommen, so lange es dem Bürgergeld Bedürftigen bzw. der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich ist, die Kosten zu senken – längstens jedoch sechs Monate (§ 22 Abs. 1 S. 6 SGB II).
  4. Unmöglichkeit der Kostensenkung
    In manchen Fällen ist eine Kostensenkung trotz Bemühung seitens des Mieters einfach nicht möglich, da z.B. ein Zeitmietvertrag besteht, eine Untervermietung nicht möglich ist, keine angemessenen Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt verfügbar sind oder die Wohnungsbesichtigungen erfolglos blieben. Dann muss das Kostensenkungsverfahren ausgesetzt und die Kosten der Unterkunft und Heizung vom Jobcenter weiterhin in tatsächlicher Höhe übernommen werden. Achtung: Über die Bemühungen zur Kostensenkung wird das Jobcenter Nachweise verlangen, bspw. Protokolle über Wohnungsbesichtigungen, Wohnungs-Annoncen etc. – es reicht nicht aus, einfach gegenüber dem Jobcenter zu behaupten, dass man die Kosten nicht senken konnte.
  5. Umzug nicht wirtschaftlich
    Wenn die Kostensenkung lediglich mit einem Umzug zu erreichen ist, muss zuerst die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens abgewogen werden. Mit einem Umzug bei Bürgergeld sind Folgekosten verbunden (Wohnungsbeschaffungskosten, Umzugskosten etc.), für welche das Jobcenter erneut aufkommen müsste. Die Kosten des Umzuges und die unangemessenen KdU der aktuellen Wohnung werden zur Abwägung vom Jobcenter ins Verhältnis gesetzt.
  6. Umzug unzumutbar
    Umzug (Wohnungswechsel) kann unzumutbar sein, z.B. insbesondere bei Behinderungen oder schweren Erkrankungen, die einen Umzug unmöglich machen – insbesondere wenn es sich bspw. um eine barrierefreie Wohnung handelt. Auch diese Unzumutbarkeit muss vor dem Jobcenter begründet und ggfs. mit Nachweisen belegt werden (z.B. ärztliche Bescheinigung, psychologisches Gutachten). Im Einzelfall und unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Bürgergeld Bedürftigen bzw. Bedarfsgemeinschaft wird das Jobcenter von der festgelegten Mietobergrenze abweichen und die Wohnkosten weiterhin in tatsächlicher Höhe übernehmen.
  7. Kein Erfolg bei Kostensenkung (ohne Gründe)
    Wurden die Kosten der Unterkunft nicht innerhalb der sechsmonatigen Frist gesenkt und hat der Bürgergeld Bedürftige keine Nachweise über Bemühungen zur Kostensenkung oder Gründe, die dagegen sprechen vorgebracht, wird das Jobcenter die Leistungen für die KdU kürzen und nach nur noch die angemessenen Unterkunftskosten zahlen. Bürgergeld Bedürftige müssen dann zukünftig den unangemessenen Teil der Unterkunftskosten aus dem Regelbedarf bestreiten, also bei der Miete selbst draufzahlen.

Miete: Bürgergeld Bedürftige zahlen aus dem Regelsatz drauf

Gut zu wissen: Die Aufforderung des Jobcenters zur Kostensenkung muss allgemein gehalten sein. Das Jobcenter darf nicht zum Umzug auffordern oder zwingen, sondern lediglich Maßnahmen wie zum Beispiel einen Wohnungswechsel schriftlich aufzeigen.

Wie lange zahlt das Jobcenter unangemessene KdU?

Nach Ablauf der Karenzzeit zahlt das Jobcenter die unangemessenen (tatsächlichen) Kosten der Unterkunft so lange wie das Kostensenkungsverfahren läuft. Dieses ist beendet, wenn der Bedürftige die Kosten für die Unterkunft gesenkt hat – spätestens aber mit dem Ende der sechsmonatigen Übergangsfrist.

Weiterzahlung, wenn trotz Bemühungen keine Kostensenkung möglich

Sollte trotz größter Bemühung, nach sechs Monaten keine Senkung der Mietkosten möglich sein, muss das Jobcenter weiterzahlen. Die Bemühungen müssen dem Jobcenter in Form von Nachweisen aufgezeigt werden.

Folgende Unterlagen dürfen als Nachweise im Kostensenkungsverfahren verwendet werden (am Beispiel Berlin):

  • Einladungsschreiben zu Besichtigungstermin
  • Bestätigung über Bewerbung bei Wohnungsgesellschaften
  • Bei öffentlichen Besichtigungsterminen: Angabe von Adressen, Ansprechpartner, Datum, Uhrzeit (als handschriftliche Notiz)
  • Bei telefonischer Kontaktaufnahme ohne schriftliche Unterlagen: Angabe von Wohnungsunternehmen, Datum, Uhrzeit und Ansprechpartner für die Wohnung
  • Beantragung des Wohnberechtigungsscheins
  • Nachweis, dass es sich um sozialen Wohnungsbau handelt

Volle Miete beim Bürgergeld: Sozialwohnung kann nicht unangemessen sein

Fehler in der KdU Berechnung

Viele KdU Berechnungen sind fehlerhaft. Tipp: Prüfen Sie alle Angaben des Jobcenters bezüglich der angemessenen Miete und Heizkosten. Häufig basieren diese auf veralteten Statistiken oder ungültigen Angemessenheitsgrenzen.

Bei falscher Berechnung wird das Kostensenkungsverfahren dann oft nichtig, da der neu berechnete Bedarf bereits häufig unter der Angemessenheitsgrenze liegt.

Widerspruch gegen Kostensenkungsverfahren

Die Kostensenkungsaufforderung ist kein Bescheid und somit auch kein Verwaltungsakt, der mit einem Widerspruch angefochten werden kann.

Am Ende der sechsmonatigen Regelübergangsfrist erhält der Betroffene aber einen Bescheid, der über die Kürzung der KdU informiert. Erst dann kann Widerspruch gegen die Kürzung des Jobcenters erhoben werden.

Bildnachweis: Antonio Guillem/shutterstock.com