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Bürgergeld Vorschuss beantragen

Oftmals besteht bereits zum Zeitpunkt der Beantragung von Bürgergeld Leistungen eine finanzielle Notlage und Mittellosigkeit. Da die Bearbeitung eines Bürgergeld Antrags und die endgültige Feststellung der Anspruchshöhe durch das Jobcenter einige Zeit in Anspruch nehmen kann, können Hilfebedürftige vorab einen Vorschuss auf die Bürgergeld Leistung beantragen, um eine Notsituation finanziell überbrücken zu können (§ 42 Abs. 1 SGB I).

Voraussetzungen für den Bürgergeld Vorschuss

  • der Bürgergeld Antrag muss gestellt worden sein
  • es muss bei einer ersten Prüfung erkennbar sein, dass grundsätzlich ein Anspruch auf Bürgergeld besteht und
  • für die Erstellung des Bewilligungsbescheides des beantragten Bürgergeld-Anspruchs vermutlich längere Zeit erforderlich sein wird.
  • der Vorschuss muss vom Hilfebedürftigen beantragt werden (§ 42 Abs. 1 S. 2 SGB I).

Jobcenter haben sechs Monate Zeit für Bescheid

Warum es so wichtig ist, einen Bürgergeld Vorschuss beantragen zu können wird deutlich, wenn man sich den § 88 SGG (Sozialgerichtsgesetz) anschaut: dort heißt es nämlich (übersetzt), dass Jobcenter grundsätzlich sechs Monate Zeit haben, um über einen Antrag auf Grundsicherung zu entscheiden und einen Bewilligungsbescheid zu erlassen – Zeit, die Hilfebedürftige in der Regel nicht haben.

Vorschuss – so steht es im Gesetz… (SGB)

Der Bürgergeld Vorschuss vom Jobcenter scheint ein sehr umstrittenes Thema zu sein, zumal es im Sozialgesetzbuch II (SGB II) selbst keine Regelung dazu gibt. Häufig hat man in den Medien gelesen, dass es gar keinen Anspruch darauf gäbe. Problematisch dabei scheint zu sein, dass ein Vorschuss auf Sozialleistungen im Sozialgesetzbuch I – genauer im § 42 SGB I – geregelt wird und nicht wie das Bürgergeld sonst, im SGB II.

Doch im Vergleich zu vielen anderen Regelungen, die das Bürgergeld betreffen, sind die gesetzlichen Formulierungen zum Vorschuss auf Sozialleistungen (relativ) eindeutig im § 42 Abs. 1 SGB I festgelegt, wenn man den Gesetzestext aufmerksam liest. Mit Sozialleistungen ist übrigens nicht nur das Bürgergeld gemeint. Dies betrifft alle Sozialleistungen, also bspw. auch die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Sozialhilfe etc.

Zur Vereinfachung und Analyse schauen wir uns einmal den entsprechenden Gesetzestext an.

Gesetzeswortlaut § 42 Abs. 1 SGB I

(1) Besteht ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach und ist zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich, kann der zuständige Leistungsträger Vorschüsse zahlen, deren Höhe er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Er hat Vorschüsse nach Satz 1 zu zahlen, wenn der Berechtigte es beantragt; die Vorschußzahlung beginnt spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.

„Besteht ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach und ist zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich, kann der zuständige Leistungsträger Vorschüsse zahlen, deren Höhe er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt.“

Bedeutet: Hat der Antragsteller grundsätzlich einen Anspruch auf Grundsicherung (der Bürgergeld-Antrag muss bereits zwingend gestellt worden sein!) und das Jobcenter benötigt länger, um die Höhe der zustehenden Leistungen zu ermitteln und einen Bewilligungsbescheid zu erlassen, KANN Vorschuss gewährt werden. Das Ermessen liegt hier beim Jobcenter bzw. bei der Integrationsfachkraft.
Dieses „KANN“ wird im zweiten Satz jedoch zu einem MUSS.

„Er hat Vorschüsse nach Satz 1 zu zahlen, wenn der Berechtigte es beantragt; die Vorschußzahlung beginnt spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.“

Bedeutet: Hat der Antragsteller dem Grunde nach einen Bürgergeld Anspruch und das Jobcenter benötigt länger, um einen Leistungsbescheid zu erlassen, MUSS der Vorschuss innerhalb eines Monats gewährt werden, WENN der Leistungsbezieher diesen BEANTRAGT.

Anspruch auf Bürgergeld Vorschuss in der Praxis

Grundsätzlich besteht also Anspruch auf einen Vorschuss vom Jobcenter, sobald alle drei der genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Dies ist der Fall, wenn

  • dem Grunde nach ein Bürgergeld Anspruch besteht (Antrag gestellt)
  • das Jobcenter längere Zeit benötigt, um einen Bewilligungsbescheid zu erlassen
  • der Hilfebedürftige den Vorschuss beantragt.

Antragsteller auf einen Vorschuss, die im laufendem Bürgergeld Bezug stehen, erfüllen damit formal alle Voraussetzungen, um einen Vorschuss zu erhalten.

Vorschuss bei einem Neuantrag

Bei einem Neuantrag muss zunächst überprüft werden, ob Anspruch auf Bürgergeld Leistungen besteht. Kann der Antragsteller jedoch nachweisen, dass er bzw. die gesamte Bedarfsgemeinschaft völlig mittellos und sein Lebensunterhalt/ Existenzminimum nicht gesichert ist und erfüllt die sonstigen Voraussetzungen des Arbeitslosengeldes II (Erwerbsfähigkeit, Altersbeschränkung), kann das Jobcenter hier den Antrag auf Vorschuss nicht ablehnen.

Unklar ist noch, ob das Jobcenter auch das Vermögen der Bedarfsgemeinschaft bei der Prüfung eines möglichen Vorschusses berücksichtigen wird. Hintergrund ist. dass in den ersten zwölf Monaten des erstmaligen Bürgergeld-Bezuges eine Karenzzeit von einem Jahr gilt, in der Schonvermögen (z.B. Barvermögen, Aktien etc.) der Hilfebedürftigen bis 40.000 Euro für den Antragsteller selbst und je 15.000 Euro für weitere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft als nicht erheblich gelten und demzufolge nicht angerechnet wird. Vermögen bis zu dieser Höhe mindert den Bürgergeld Anspruch zwar nicht, allerdings dürfte es schwierig sein, bei vorhandenen Vermögen von Mittellosigkeit zu sprechen. Allerdings haben wie nach Rücksprache mit einem Jobcenter erfahren, dass nicht das Vermögen sondern das monatliche Einkommen zur Bedarfsprüfung berücksichtigt wird und ist dieses soweit aufgebraucht, dass der monatliche Bedarf nicht gedeckt werden kann, besteht eine Notlage – unabhängig des Vermögens. Vor diesem Hintergrund dürfte das Vermögen bei der Ermessensentscheidung keine tragende Rolle spielen, sofern es sich in den Angemessenheitsgrenzen befindet.

Bürgergeld Vorschuss beantragen

Um einen Vorschuss auf die Bürgergeld Leistungen erhalten zu können, muss der Hilfebedürftige ihn auch zwingend beantragen. Ein spezieller Antragsvordruck ist nicht erforderlich, vielmehr reicht ein formloses Schreiben (siehe auch nachfolgender Download).

Achtung: Bei diesem Antrag muss der Hilfebedürftige allerdings deutlich machen, warum er den Vorschuss bereits vor der nächsten bzw. ersten Auszahlung des Bürgergeldes benötigt.

Gerade im Bezug darauf, dass Jobcenter länger mit der Bearbeitung eines neuen Bürgergld Antrags benötigen und sechs Monate Zeit dafür haben, einen Bescheid zu erlassen, empfehlen wir, direkt bei einem Neuantrag auch gleichzeitig einen Antrag auf den Vorschuss zu stellen.

Download Vordruck – Muster Antrag auf Bürgergeld Vorschuss

Sie können ein Musterformular für den Antrag auf einen Hartz IV Vorschuss unter folgendem Link downloaden. Dieser wird als Word-Datei im .doc-Format bereitgestellt.

Bürgergeld Vorschuss – Antrag Vordruck

Bürgergeld Anspruch muss dem Grunde nach bestehen

Ein Vorschuss kann jedoch nur gewährt werden, wenn der Anspruch auf Bürgergeld dem Grunde nach besteht. Deshalb prüft das Jobcenter zunächst grob, ob der Antrag generell Aussicht auf Erfolg hat.

Hierfür sollte der Antrag vollständig ausgefüllt und alle notwendigen Nachweise in Kopie beigelegt werden.

Berechnung der Höhe des Bürgergeld Anspruchs erfordert Zeit

In der Regel ist für die Berechnung der genauen Bürgergeld Leistungen einige Zeit erforderlich, insbesondere wenn die Bedarfsgemeinschaft mehrere Personen und auch bspw. Einkommen umfasst. Befindet sich ein Hilfebedürftiger jedoch in einer finanziellen Notsituation (was besonders bei einem Neuantrag der Regelfall ist), kann er die Dauer einer durchschnittlichen Bearbeitungszeit aber gerade nicht abwarten.

Ist also augenscheinlich erkennbar, dass die Bearbeitung des Antrags nicht unmittelbar erfolgen kann, hat der Hilfebedürftige einen Anspruch auf Gewährung eines Vorschusses.

Höhe des Vorschusses

Wie hoch ein Vorschuss ausfällt, steht im Ermessen des Jobcenters (vgl. § 39 SGB I). Es berücksichtigt bei seiner Entscheidung u.a. die persönlichen und wirtschaftlichen Lebensverhältnisse, die Notsituation und die voraussichtliche Höhe des Bürgergeld Anspruchs. Grundsätzlich wird das Jobcenter aber einen Vorschuss nicht in Höhe der vollen, zu erwartenden Bürgergeld-Bezüge gewähren sondern immer mit einem Abschlag. Manche Jobcenter gewähren lediglich 100 Euro, um die dringlichste Notlage abzuwenden.

Übrigens: Abgesehen von Geldleistungen ist auch die Ausgabe von Warengutscheinen denkbar, sofern dem Hilfebedürftigen damit unmittelbar geholfen werden kann.

Auszahlungstermin

Spätestens einen Monat nachdem der Antrag gestellt wurde, hat das Jobcenter die Auszahlung des bewilligten Vorschusses vorzunehmen. In Notsituationen wird eine Auszahlung in der Regel jedoch deutlich schneller vorgenommen, unter Umständen sogar unmittelbar.

Eine Notsituation sollte daher im Antrag an das Jobcenter nicht beschönigt werden, sondern wahrheitsgemäß geschildert werden.

Anrechnung auf endgültige Bürgergeld Leistungen

Der ausgezahlte Vorschuss wird in der Regel mit der endgültigen Festsetzung des Bürgergeldes im Bewilligungsbescheid verrechnet.  Wenn möglich, erfolgt die Verrechnung gleich vollständig.

Tipp: Führt das beim Hilfebedürftigen jedoch unmittelbar zur nächsten Notsituation, kann der Vorschuss auch in Raten auf das zukünftige Bürgergeld angerechnet werden.

Wie die Anrechnung im konkreten Fall erfolgt, ist dem Bescheid des Jobcenters über die Bewilligung des Vorschusses zu entnehmen.

Jobcenter hat Anrechnung unterlassen

Hat das Jobcenter die Anrechnung des Vorschusses mit der endgültigen Festsetzung des Bürgergeldes unterlassen, so kann es nachträglich keine Anrechnung nach § 42 Abs. 2 SGB I mehr vornehmen. In diesem Fall wäre nur noch eine Rückforderung gemäß § 45 SGB X möglich, nämlich in Form der Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes.

Muss ein zu hoch gewährter Vorschuss erstattet werden?

Unter Umständen kann in seltenen Fällen der gewährte Vorschuss höher sein als die endgültige Festsetzung der Bürgergeld Leistung. Das liegt ganz einfach daran, dass die genaue Höhe der endgültigen Leistung im Zeitpunkt des Vorschusses noch nicht genau feststand.

In diesen Fällen hat der Leistungsempfänger die Differenz zwischen Vorschuss und endgültiger Festsetzung des Bürgergeldes an das Jobcenter zurückzuzahlen. Zu beachten ist hier aber die Bagatellgrenze von 50 Euro seit 2023. Beträgt der überzahlte Betrag weniger als 50 Euro, würde ihn das Jobcenter aufgrund dieser neuen Regelung zur Bagatellgrenze beim Bürgergeld nicht zurückfordern.

Neben der Beantragung eines Bürgergeld Vorschusses beim Jobcenter ist übrigens auch die Beantragung eines Unterhaltsvorschusses beim Jugendamt möglich. Dieser kommt infrage, wenn Elternteile mindestens ein minderjähriges Kind in der Bedarfsgemeinschaft betreuen und der Unterhaltspflichtige seinen Unterhaltszahlungen gar nicht oder nicht regelmäßig nachkommt. Da der Unterhaltsvorschuss ebenfalls zu den vorrangigen Leistungen beim Bürgergeld gehört, würde das Jobcenter auf die Bentragung beim Jugendamt bestehen – weitere Infos siehe dazu unter Unterhaltsvorschuss beim Bürgergeld.

Das Wichtigste in Kürze zusammengefasst

Wie bekomme ich einen Vorschuss vom Jobcenter?

Ist der Bürgergeld Antrag gestellt und die Hilfebedürftigkeit nachgewiesen, besteht grundsätzlich Anspruch auf einen Bürgergeld Vorschuss, wenn das Jobcenter für die endgültige Berechnung der Leistungen längere Zeit benötigt (für einen Verwaltungsakt hat das Jobcenter bis zu 6 Monate Zeit!). Der Vorschuss erfordert einen separaten Antrag.

Wie lange dauert ein Vorschuss vom Jobcenter?

Hat man einen Bürgergeld Vorschuss beantragt, muss die Auszahlung nach § 42 Abs. 2 SGB I spätestens mit Ablauf eines Kalendermonats ab dem Tag des Eingangs des Vorschuss-Antrags beim Jobcenter erfolgen. In besonderen Notsituationen, kann die Auszahlung auch schneller erfolgen oder es werden Wertgutscheine ausgegeben.

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