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Hartz 4: Jobcenter muss Schulbücher bezahlen

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Jobcenter müssen die Kosten für Schulbücher übernehmen, so die Entscheidung des Bundessozialgerichts in zwei Fällen. Geklagt hatten zwei Familien, jeweils aus dem niedersächsischen Landkreis Celle und Hildesheim und bekamen bereits vor dem niedersächsischen Landessozialgericht Recht zugesprochen.

Wahlversprechen: Bildung darf nichts kosten

Die Mutter einer Klägerin ist fassungslos und wütend. Wie sie im Interview vor einiger Zeit mit dem NDR erzählt, muss sie nun schon vier Jahre um die Kosten der Schulbücher ihrer Tochter streiten. Dieses Verhalten der Jobcenter sei gegenteilig zu den Wahlversprechen, dass Bildung außer Anstrengung nichts kosten dürfe.

LSG fehlt Verhältnismäßigkeit

Das Problem hier sei hier eine Gesetzeslücke, so ein Sprecher des Landessozialgerichts Niedersachsen. Grundsätzlich sei im Regelsatz ein Betrag von unter drei Euro monatlich für Bücher vorgesehen. Allerdings müssten die Hartz IV Bedürftigen hier vier Jahre ansparen, um die Kosten für Schulbücher eines Jahres in der Oberstufe zu bezahlen. Aus diesem Grund sprach das LSG der Klägerin aufgrund eines Härtefall-Bedarfs die Übernahme der Kosten zusätzlich zum Regelsatz durch das Jobcenter zu. Zur endgültigen Entscheidung wurde die Revision vor dem Bundessozialgericht zugelassen.

Bundessozialgericht: Höchstrichterliche Entscheidung

Deutschlands oberste Sozialrichter haben am 08.05.2019 im Revisionsverfahren das bestätigt, was bereits das Niedersächsische Landessozialgericht entschieden haben, und zwar dass Hartz IV Empfänger die Schulbücher – anders als vom Jobcenter verlangt – nicht aus dem Regelsatz ansparen oder zwingend gebraucht kaufen müssen. Stattdessen müsse der Leistungsträger hier Hilfebedürftigen zusätzlich unter die Arme greifen und einen Zuschuss zahlen.

In den vorliegenden Fällen besuchen die Kläger Schulen in Niedersachsen und anders als in anderen Bundesländern gibt es keine Lehrmittelfreiheit, so dass die beiden Familien nach Eintritt in die Oberstufe Gymnasium für Schulbücher jeweils 180 Euro und 200 Euro aufwenden mussten.

Die Kassler Richter ließen den Verweis der Jobcenter auf die Zuständigkeit der Länder nicht zu mit dem Hinweis, dass Konflikte zwischen Bund und Ländern nicht auf dem Rücken der Schüler ausgetragen werden könne.

Gebrauchte oder geliehene Bücher

Bezüglich der Höhe der Kosten erklärte das Bundessozialgericht, dass es keinen pauschalen Anspruch auf neue oder eigene Bücher gäbe. So wurde der Fall der Kläger aus dem Landkreis Celle wieder an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen übergeben, um Alternativen bezüglich gebrauchter oder geliehener Bücher zu prüfen und so möglicherweise Kosten senken.

BSG Az.: B 14 AS 6/18 R vom 08.05.2019
LSG  Az.: L 11 AS 349/17 vom 11.12.2017
SG Lüneburg, Az.: S 25 AS 945/16 vom 18.04.2017

BSG Az.:B 14 AS 13/18 R vom 08.05.2019
LSG Az.: L 11 AS 1503/15 vom 11.12.2017
SG Hildesheim, Az.: S 37 AS 661/14 vom 04.09.2015

Titelbild: sebra – shutterstock.com