Vollsanktionierte Hartz IV-Empfänger - Bestätigungsstempel vom LSG Nordrhein-Westfalen
für Total-Sanktionen - Warten auf Urteil des BVerfG
Alles anzeigenDas Thema Sanktionen gegen Hartz IV-Empfänger ist ein Dauerbrenner in der Debatte
über die Ausgestaltung der – eben nicht-bedingungslosen – Grundsicherung nach SGB II.
Während für die einen die Sanktionierung, also der in Prozentsätzen gestufte Entzug eines
Teils der Hartz IV-Leistungen oder der gesamten Geldleistungen aufgrund von Pflichtverletzungen
des Leistungsbeziehers, eine notwendige Maßnahme darstellt, um die Mitwirkung des Hilfeempfängers
sicherzustellen (oder eben die Nicht-Mitwirkung zu bestrafen), laufen seit Jahren Betroffene und
zahlreiche Organisationen Sturm gegen die Absenkung dessen, was das „sozio-kulturelle
Existenzminimum“ eines Menschen sicherstellen soll. Und schon vor Jahren ist die Grundsatzfrage,
ob Sanktionen an sich gegen das Verfassungsrecht verstoßen, per anfangs zurückgewiesener,
dann doch in einem erneuten Anlauf angenommener Richtervorlage seitens des Sozialgerichts Gotha
dem höchsten Gericht unseres Landes, also dem Bundesverfassungsgericht, vorgelegt worden.
Das laufende Jahr wurde mit einer großen Anhörung zum Thema Sanktionen beim Bundesverfassungsgericht
eröffnet: Am 15. Januar 2019 hat diese in Karlsruhe stattgefunden – mit einem umfangreichen Fragenkatalog
des Gerichts (vgl. dazu Verhandlungsgliederung in Sachen „Sanktionen im SGB II“). Und seitdem ist wieder
Stille eingekehrt – seit 2016 warten wir nun auf die ausstehende Entscheidung des hohen Gerichts zu dieser
im wahrsten Sinne des Wortes existenziellen Frage.
Um welche Größenordnung geht es hier? Im Jahr 2018 wurden knapp 904.000 Sanktionen gegen Empfänger
von Hartz-IV-Leistungen ausgesprochen – wobei darunter auch Personen sind, gegen die mehrere Sanktionen
verhängt wurden. Grund hierfür sind aber keineswegs Ablehnung von Jobangeboten oder mangelnde
Eigeninitiative bei der Jobsuche, wie viele Außenstehende vermuten. Tatsächlich werden 77 Prozent der
Sanktionen aufgrund von Terminversäumnissen verhängt. die Bundesagentur für Arbeit spricht von einer
Sanktionsquote von 3,2 Prozent (eine Zahl, die von den Befürwortern des Sanktionssystems gerne zitiert wird,
da sie doch zeige, dass „nur wenige“ Leistungsempfänger von den Sanktionen betroffen seien). Allerdings
beschönigt diese offizielle Sanktionsquote das Ausmaß der Leistungskürzungen. Vgl. dazu den
am 10. April 2019 veröffentlichten Beitrag Hartz-IV-System: Drei Viertel der Sanktionen wegen versäumter Termine
von Lena Becher. Dort wird darauf hingewiesen: »Die BA gibt … in einem Arbeitsmarktbericht über Sanktionen
erstmals an, dass im Jahr 2018 8,5 Prozent aller Hartz-IV-Bezieher mindestens einmal sanktioniert wurden.
« 2018 gab es in der Summe nach Angaben der BA rund 403.000 neu sanktionierte Hartz-IV-Beziehende.
Nun gibt es im SGB II ein abgestuftes Sanktionsregime. Eine Übersicht dazu: ....................
(Quelle Tacheles-Sozialhilfe.de)