Unterstützung vom Amt - welchen Weg gehen

  • Hallo,

    erstmal bin ich froh, dass es eine solche Seite inkl. Forencommunity gibt! Mein Vater wollte schon einen Anwalt zur Beratung herbeiziehen.


    Folgende, komplizierte Situation:

    Ich (volljährig aber U25) habe das Ziel, aufgrund von Streitigkeiten mit meiner Mutter in eine eigene Wohnung umzuziehen.
    Das bin ich jetzt auch schon seit einigen Monaten - unangemeldet. Mein Vater möchte und kann diese finanzielle Belastung aber nicht mehr stämmen. Er ist selbstständig, meine Mutter Hausfrau.

    Ich besuche ein Abendgymnasium - eine bestimmte Schulform, bei der es Aufnahmevoraussetzungen gibt (1. Berufstätig oder arbeitssuchend sein, 2. Ü18, 3. Ausbildung abgeschlossen oder 2 Jahre berufstätig gewesen. FSJ, Arbeitslosigkeit etc. wird angerechnet). Zum Besuch dieser öffentlichen Schule habe ich eine Ausnahmegenehmigung erhalten, da ich nur Bedingung 2 erfülle.
    Diese Ausnahme hat mir das Ministerium ausgestellt, da ich ein Schreiben vom Oberarzt eines städtischen Krankenhauses vorliegen konnte, welcher mir eine Arbeitsunfähigkeit aber gleichzeitige Schulfähigkeit attestierte.
    Diese (Un)Fähigkeit hat er mir attestiert, da ich einen Schwerbehindertenausweis aufgrund einer dauerhaften Erkrankung trage. Meine Psyche verkraftet die Anstrengung/den Druck eines langen Arbeits- oder Schultages nicht auf Dauer, deshalb bin ich auch auf das Abendgymnasium gewechselt, was nur 19-24 Wochenstunden hat, während das normale Gymnasium idR 36 durchläuft. Zudem gibt es einige Annehmlichkeiten, welche mir erhebliche Stressfaktoren nimmt. Beispielsweise komme ich mit dem reiferen Publikum auf dem Abendgymnasium viel besser zurecht. Es gibt keine durchsetzbare Anwesenheitspflicht (außer bei Bafög-Bezug); kein striktes Handyverbot und es gibt nur eine 10-minütige Pause im kompletten 6-stündigen Tag - wodurch ich früher zuhause sein kann.
    Außerdem kann ich den Vorteil nutzen, dass die Arbeitnehmer in der Klasse tagsüber arbeiten und somit abends schon ausgepowert, sodass ich nicht mehr so einen hohen Leistungsdruck verspüre.

    Zurück zum Thema: Mein Vater besitzt 2 Wohnungen in der Großstadt (ganz in der Nähe auch des Abendgymnasiums) - diese übersteigen aber weitaus sein Budget für mich von derzeit rund 1.100€ monatlich (inkl. Warmmiete, Taschengeld, Verpflegung).
    Der Plan ist, durch staatliche Hilfe ihn zu entlasten und mir die 2,5 Stunden tägliche Fahrerei zwischen aktueller Wohnung und Schule zu ersparen.

    Es gibt mehrere Möglichkeiten und wir fahren auch mehrgleisig:

    1. Grundsicherung aufgrund der Behinderung - die Rentenversicherung hat das oberärztliche Attest nicht anerkannt und schickt und stattdessen zu einem Privatarzt - Termin ist demnächst.
    2. ALG II
    2.1 beantragen und (offiziell) zuhause bleiben oder ohne Amtsgenehmigung ausziehen (Grundbetrag da aber nur gut 300€)
    2.2 beantragen nachdem jobcenter vom Jugendamt Nachweis erhalten hat, dass ein Auszug aufgrund familiärer Situation sinnvoll wäre (dann voller Grundbetrag)

    Meine Frage #1: Im HartzIV.org-Anspruchsrechner kann die Option "Behinderung" ausgewählt werden. Im Kontextmenü werden Paragraphen zitiert, die mir aber keine Vorstellung geben, welche Voraussetzung dieser Behindertenzuschuss hat. Weiß es jemand?
    #2: Wäre es sinnvoller, Hartz IV zu beantragen ohne Angabe des Daseins einer attestierten Arbeitsunfähigkeit (voraussichtliche Dauer steht nicht drauf - sie ist denke ich als dauerhaft zu verstehen)? Oder soll ich die AU angeben? Käme dann noch Hartz IV infrage, denn ich bin dann ja wohl nicht mehr erwerbsfähig, was aber Voraussetzung für Hartz IV ist.

    3. Nutzung meiner Berufsunfähigkeitsversicherung (BUV). Diese hat mein Vater einige Zeit vor Feststellung meiner Behinderung vereinbart. Sie garantiert mir bis Eintritt ins Rentenalter eine monatliche Zahlung von 1.000€ mit 2% jährlicher Erhöhung. Ich kann sie auch ohne erneute Gesundheitsprüfung um 500€ erhöhen und mit vereinfachten Gesundheitsfragen sogar um 750€ (die Werte sind aus dem Kopf, es können auch 250€ und 500€ gewesen sein).

    Die BUV kann ich aber erst nutzen, sobald ich Ausbildung oder Studium abgeschlossen habe. Sie ist für unser akutes Problem also nicht geeignet.

    Frage #4: Angenommen, die Grundsicherung bei voller Erwerbsminderung wird mir gewährt - habe ich dann irgendwelche Pflichten, wie zB bei ALG II Arbeit annehmen?
    Frage #5: Muss ich, wenn ich ALG II erhalte, überhaupt Arbeit annehmen, wenn ich mit dem Antrag das Attest über die Arbeitsunfähigkeit einreiche?

    Aktuell besorgt mein Vater eine Bescheinigung vom Jugendamt, die wir dan noch diesen Monat zusammen mit dem Antrag beim Jobcenter abgeben wollen. Er vermietet die Wohnung an mich und wird dann auf den ALG2-Grenzbetrag von ca. 410 Euro vermieten. Er leistet sogesehen einen kleinen Unterhalt, indem er mir den Aufpreis zur marktfähigen Miete schenkt. Frage #6: Dies müsste rechtens sein?

    Meine Abschlussfrage: Welches Szenario empfiehlt ihr?


    LG

  • Vorab:
    Wenn dein Vater dich finanziell unterstützt, dann sollte er dir das Geld in die Hand geben. Überweisungen etc. würden bei der Antragstellung auf ALG II auffallen.

    Erwerbsfähigkeit:

    Das § 8 Abs. 1 SGB II sagt zur Erwerbsfähigkeit folgendes:"Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein." Wenn du eine kurzfristige Erwerbsunfähigkeit von maximal sechs Monaten hättest, würde das SGB II trotzdem greifen. Allerdings sagst du, dass du dauerhaft nicht erwerbsfähig bist, dies würde sich das Jobcenter aufgrund ärztlicher Gutachten bestätigen lassen.

    Arbeit:

    Sofern du ALG II beziehst, bist du dazu verpflichtet alles mögliche zu tun um dich aus der Hilfebedürftigkeit zu bringen. Somit musst du dich auch auf Jobs bewerben, die dir evtl. vorgeschlagen werden. Wenn du dich direkt krankmeldest, würde die Arbeitsvermittlung dich wieder zum Arzt schicken und ein erneutes Gutachten erstellen lassen. Allerdings greift auch hier die sechsmonatige Übergangsfrist wie im Thema Erwerbsfähigkeit erwähnt.


    Punkt 2.1 verstehe ich nicht. Du solltest erst versuchen eine Härtefallregelung durchzuboxen, damit du die vollen KdU bekommst. Falls abgelehnt kannst du Widerspruch einlegen und dann kannst du dir immer noch Gedanken über Punkt 2.1 machen.

    Meine Fragen:
    1. Wie alt bist du?
    2. Bist du schnellstmöglich auf das Geld angewiesen oder hat dies Zeit?

    Ich persönlich würde an deiner Stelle versuchen in die Grundsicherung zu fallen. So hast du weder den Streß dich mit Bewerbungen oder Jobs auseinandersetzen zu müssen, noch wirst du Arbeiten gehen müssen da du erwerbsunfähig bist. Zudem würdest du nicht in den Teufelskreis geraten, dass das Jobcenter dich ständig zu Ärzten schickt, wenn du dich krankmelden würdest. Aber dies ist nur meine persönliche Meinung, es mag hier durchaus User geben, die den Fall anders sehen.

  • Wenn du dauerhaft erwerbsunfähig bist, dann bleibt dir nichts anderes übrig als Grundsicherung zu beantragen.

    Du kannst im ersten Schritt auch Antrag auf Grundsicherung und ALG II stellen. Im Antrag auf das ALG II kannst du angeben, dass du ebenfalls Antrag auf Grundsicherung gestellt hast. Allerdings sind deine Eltern zum Unterhalt verpflichtet und müssen Ihr Einkommen angeben. Der Unterhalt würde auf deinen ALG II Anspruch angerechnet werden. Dies ist in der Grundsicherung meiner Meinung nach ein wenig anders. Aber hierzu möge sich bitte jemand anderes äußern.

  • Hallo,

    sollte eine unbefristete volle EM festgestellt werden, besteht die Unterhaltspflicht erst ab einem Jahreneinkommen von 100.000 €.

    Allerdings wird diese unbefristete EM meist nicht bei Erstantrag festgestellt, womit bei Erwerbsunfähigkeit unter 3 Stunden am Tag die Sozialhilfe in Betracht kommt. Und hier sind die Unterhaltsvorraussetzungen der Eltern wesentlich geringer als bei der Grundsicherung und es kabnn durchaus zu entsprechenden Forderungen kommen.

    Gruß!

  • Danke für alle Antworten!

    Ich habe noch eine wichtige Frage:

    Wird bei ALG II das Einkommen der Eltern miteinbezogen, wenn man die Genehmigung vom Amt hat eine eigene Wohnung als U25-jähriger zu führen?

    #2: Kann man Grundsicherung und Hartz IV parallel beziehen?
    #3: Kann man Hartz IV und elternunabhängiges Schüler-Bafög parallel beziehen?
    #4: Kann man Grundsicherung und elternunabhängiger Schüler-Bafög.. ihr wisst schon ;)

  • Hallo,

    Wird bei ALG II das Einkommen der Eltern miteinbezogen, wenn man die Genehmigung vom Amt hat eine eigene Wohnung als U25-jähriger zu führen?

    sofern ein Unterhaltsanspruch besteht, wird dieser mit angerechnet.

    Kann man Grundsicherung und Hartz IV parallel beziehen?

    Nein.

    Kann man Hartz IV und elternunabhängiges Schüler-Bafög parallel beziehen?

    Ja.

    Kann man Grundsicherung und elternunabhängiger Schüler-Bafög..

    Nein.

    Gruß!

  • #1 Deine Eltern sind unterhaltspflichtig, deshalb wird der Unterhalt auf deine ALG II Leistungen angerechnet. Das Einkommen wird maximal zur Berechnung des Unterhalts herangezogen.
    #2 Nein, schliesst sich schon wegen der Erwerbsfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit aus. Es ist möglich ALG II zu beziehen, wenn die Erwerbsfähigkeit unklar ist. Das Jobcenter würde allerdings einen Erstattungsanspruch an die Grundsicherung stellen.
    #3 Ja, allerdings wird das Bafög auf deine ALG II angerechnet. Antrag auf Bafög musst du stellen, da es eine vorrangige Leistung ist

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