Zum Inhalt springen

Bedarfsgemeinschaft

Eine sogenannte Bedarfsgemeinschaft (BG) liegt vor, wenn mehrere Personen im selben Haushalt mit mindestens einem erwerbsfähigen Hilfebedürftige zusammenleben und den Haushalt wirtschaftlich gemeinsam betreiben. Dies hat naturgemäß erhebliche Auswirkungen auf die vorzunehmende Bedarfsberechnung für Bürgergeld.

Auswirkungen der Bedarfsgemeinschaft

Die Bedarfsgemeinschaft hat großen Einfluss auf die Berechnung des Bürgergeld Bedarfs. Die Bedarfsermittlung erfolgt unter Einbeziehung des Einkommens und Vermögens jeder einzelnen der Bedarfsgemeinschaft angehörenden Person. 

Als erwerbsfähig gelten Personen im Alter zwischen 15 und der Altersgrenze zum individuellen Renteneintrittsalter nach § 7a SGB II. Kinder bis 14 Jahren sind nicht erwerbsfähig, erhalten aber ab 2023 auch Bürgergeld-Leistungen, wenn sie mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben. BIs 2022 – beim Arbeitslosengeld II bzw. Hartz IV – wurden Leistungen für Kinder als Sozialgeld erbracht, welches mit der Einführung des Bürgergeldes zum 01.01.2023 ersatzlos gestrichen wurde.

Aufgrund der rechtlichen Konsequenzen muss zwischen einer bloßen Wohngemeinschaft und einer Bedarfsgemeinschaft unterschieden werden.

Hartz IV Infografik - Bedarfsgemeinschaft
Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit verzeichnet seit Jahren etwas mehr als 3,3 Millionen Bedarfsgemeinschaften bundesweit.

Wie der Bürgergeld Bedarf im Detail berechnet wird finden Sie bei unserem Bürgergeld Rechner, mit dem Sie außerdem kostenlos Ihre Hartz IV Leistungen berechnen können.

Wann liegt eine Bedarfsgemeinschaft vor?

Für den Fall, dass Sie seit länger als einem Jahr mit einem Partner zusammenleben oder mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, oder Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen, oder Einkommens- oder Vermögensbefugnisse des anderen innehaben, wird automatisch das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft vermutet. Den Nachweis, dass diese Vermutung unzutreffend ist, hat der Betroffene zu führen.

Wichtig: Lebt man mit einem Partner bzw. Partnerin länger als zwölf Monate zusammen, so geht das Jobcenter von einer Bedarfsgemeinschaft aus – dies gilt auch ohne Heirat bzw. Lebenspartnerschaft. Das Jobcenter unterstellt in diesem Fall, dass die Partner füreinander einstehen und einen gemeinsamen Haushalt führen, mit allen finanziellen Folgen wie bspw. der Einkommensanrechnung.

Grundsätzlich ist es aber von der Seite des Gesetzgeber so, dass keine Unterhaltspflicht bei Unverheirateten besteht. Somit kann nicht gleich davon ausgegangen werden, dass der eine Bewohner den anderen unterstützt.

Hinweis: Ein Zeitraum von einem Jahr ist nicht repräsentativ. So sollte man sich, wenn reell keine Bedarfsgemeinschaft vorliegt, auch gegen diese Vermutung wehren. Dies erfolgt am besten mit dem Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid und wenn das nicht hilft, dann bleibt nur noch der Weg vor das Sozialgericht.

Weiterführende Informationen zu Unterhaltsansprüchen und Unterhaltspflichten gegenüber Kindern, Ehegatten usw. finden Sie im Ratgeber auf unterhalt.net.

Wann liegt keine Bedarfsgemeinschaft vor?

Eine Bedarfsgemeinschaft liegt auch bei Bewohnern der selben Wohnung nicht vor, wenn eine getrennte Haushaltsführung gegeben ist.

Danach muss jeder für sich selbst einkaufen und kochen, seine Wäsche selbst waschen, es darf kein gemeinsam angeschaffter Hausrat (Möbel und Haushaltsgegenstände) vorhanden sein und jeder muss sein Leben im Wesentlichen ohne Rücksicht auf den anderen gestalten.

Regelsatz bei Bedarfsgemeinschaften

Bei einer Bedarfsgemeinschaft, die aus volljährigen Partnern besteht, wird seit dem 01.01.2023 ein Regelsatz von 451 Euro (506 Euro ab 01.01.2024) vom Jobcenter in der Regelbedarfsstufe 2 gezahlt. Dies ergibt sich aus der Regelbedarfsstufe 2, die 90 Prozent des Eck-Regelsatzes beträgt – in Summe also 902 Euro).

Die Regelsätze der Kinder in einer Bedarfsgemeinschaft werden nicht gekürzt und betragen für Kinder seit dem 01.01.2023 (In Klammern Werte bis 2022)

  • 0 bis 6 Jahre: 318 Euro (285 Euro)
  • 6 bis unter 14 Jahre: 348 Euro (311 Euro)
  • 14 bis unter 18 Jahre: 420 Euro (376 Euro)

Wie bei der Ermittlung des Bedarfs aus dem Einkommen für einen einzelnen Leistungsbezieher werden auch bei der Ermittlung des Bürgergeld Bedarfs für eine Bedarfsgemeinschaft bestimmte Freibeträge berücksichtigt, die nicht auf das Einkommen angerechnet werden. Ebenso werden gewisse Freibeträge aus dem Vermögen berücksichtigt, die anrechnungsfrei bleiben.

Mehrbedarfe zusätzlich zur Regelleistung

Zusätzlich stehen jedem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft auf Antrag auch sämtliche Bürgergeld Mehrbedarfe zur Verfügung, sofern die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden. Das wären bspw. Mehrbedarfe bei Schwangerschaft, für alleinerziehende Elternteile, kostenaufwändige Ernährung etc. – der Warmwasser Mehrbedarf wird anteilsmäßig pro Kopf gezahlt.

Wer gehört zur Bedarfsgemeinschaft

  • Erwerbsfähiger Hilfebedürftiger (Antragsteller)
  • Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner (sofern nicht dauernd getrennt lebend) des Antragstellers
  • eine Person (ohne rechtliche Bindung wie Heirat!) die im Haushalt des Antragstellers lebt und bei der nach verständiger Würdigung von einem wechselseitige Willen davon auszugehen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen und gemeinsam zu wirtschaften
  • eigene Kinder im Haushalt sowie Kinder des Partners (wenn noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet, ohne Einkommen und Vermögen und unverheiratet)
  • Eltern im Haushalt des Kindes (Antragstellers), welches noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und unverheiratet und erwerbsfähig ist. Hierzu zählt auch der Partner eines Elternteils

Bedarfsgemeinschaft mit Viel-Ehen

Die Bundesagentur für Arbeit hat im April 2018 eine neue Anweisung für Bedarfsgemeinschaften mit Viel-Ehen raus gegeben. Bis zu diesem Zeitpunkt war es so, dass auch die zweite, dritte, vierte Ehefrau mit in die Bedarfsgemeinschaft eingerechnet wurde.

Achtung: Nach islamischem Recht darf ein Ehemann zwar Vielehen mit bis zu vier Ehefrauen eingehen, nach deutschem Recht kann jedoch nur eine Person als Partner in einer Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt werden. Die weiteren Ehefrauen dürfen auch nicht unter einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft geführt werden, da das Gesetz nur eine eingetragene Partnerschaft zulässt.

Für die Betroffenen wirkt sich die neue Regelung natürlich positiv auf den Regelsatz aus, da ihnen nun mehr Geld als vorher zusteht. Die erste Ehefrau wird künftig in die Bedarfsgemeinschaft eingerechnet.

Zusammen mit dem Ehemann stehen der Bedarfsgemeinschaft seit dem 01.01.2022 808 Euro (802 Euro bis Ende 2021) monatlich zu.

Die „nicht anerkannten Partnerinnen“ (zweite, dritte, vierte Ehefrau) bilden eine eigene Bedarfsgemeinschaft und erhalten jeweils den vollen Bürgergeld Regelsatz i. H. v. 502 Euro (449 Euro bis 31.12.2022).

Bedarfsgemeinschaft bei Kinderehen – minderjährige Ehepartner

Normalerweise bilden verheiratete Partner zusammen eine Bedarfsgemeinschaft. Bei minderjährigen Ehepartnern sieht die Situation jedoch anders aus: Minderjährige unter 16 Jahren können nach deutschem Recht gar keine Ehe eingehen. Die Ehe ist also von Beginn an laut Gesetz unwirksam.

Aus diesem Grund liegt bei minderjährigen Eheleuten unter 16 Jahren auch keine Partnerschaft vor, die als Bedarfsgemeinschaft angesehen werden kann.

Dennoch: Auch, wenn die minderjährigen Eheleute keine Bedarfsgemeinschaft bilden, erhalten beide Partner – genau wie Eheleute – jeweils etwa 90% des Regelsatzes, da davon ausgegangen wird, dass die Partner füreinander einstehen und Sorge tragen.

Anders verhält es sich bei minderjährigen Eheleuten zwischen 17 bis 18 Jahren. Auch diese Personen dürfen laut Gesetz keine Ehe eingehen. Die Ehe bleibt jedoch so lange wirksam, bis sie von einem Richter unwirksam gesprochen wird. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Minderjährigen als Partner in einer Bedarfsgemeinschaft angesehen werden.

Wer gehört nicht in die Bedarfsgemeinschaft

Welche Personen zur Bedarfsgemeinschaft gehören, schreibt § 7 Abs. 3 SGB II vor. Demzufolge gehören alle dort nicht genannten Personen nicht zur Bedarfsgemeinschaft, darunter fallen:

  • Kinder ab 25 Jahren
  • Kinder bis 25 Jahren
    • die eigene Kinder versorgen
    • die verheiratet sind oder in einer Verantwortungsgemeinschaft leben
    • die aufgrund von Einkommen und Vermögen keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten
  • Großeltern und Enkel
  • Pflegekinder und Pflegeeltern
  • Geschwister (die ohne Eltern zusammenleben)
  • Onkel und Tanten/ Nichten und Neffen
  • Verschwägerte und sonstige Verwandte
  • Mitglieder einer Wohngemeinschaft (WG)

Da diese Personen nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören, bilden sie alle zusammen eine Haushaltsgemeinschaft. Diese einzelnen Personen können wiederum bei Bedürftigkeit auch eine eigene Bedarfsgemeinschaft innerhalb der Haushaltsgemeinschaft bilden – so kann es auch passieren, dass innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft mehrere Bedarfsgemeinschaften existieren.

Übergang von Bedarfsgemeinschaft in Haushaltsgemeinschaft

Beispiel: Vollendet der Sohn, der bei seinen Eltern lebt das 25. Lebensjahr, so scheidet er automatisch aus der gemeinsamen Bedarfsgemeinschaft aus. Er selbst bildet dann – bei Bedürftigkeit – eine eigene Bürgergeld Bedarfsgemeinschaft innerhalb der Haushaltsgemeinschaft mit seinen Eltern.

Folgen einer Bedarfsgemeinschaft

Dass der Regelsatz in einer Bedarfsgemeinschaft geringer ist, ist eine Sache. Der andere Punkt ist aber, wie bereits oben geschrieben, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass in der Bedarfsgemeinschaft untereinander Unterhalt geleistet wird.

So wird also nicht nur das Einkommen des Antragstellers berücksichtigt, sondern das gesamte Einkommen in der Bedarfsgemeinschaft, was zu erheblichen Leistungskürzungen führen kann.

Einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch bei nicht verheirateten Personen gibt es aber nicht!

Tipp: Aus diesem Grund sollte der Antragsteller den Mitbewohner/ Mitbewohnerin in der Bedarfsgemeinschaft nicht als Partner in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftlicher Gemeinschaft im Antrag eintragen sondern als Mitbewohner/ Untermieter.

Temporäre Bedarfsgemeinschaft

Diese Konstellation liegt vor, wenn die Eltern eines Kindes getrennt leben und sich das Kind gelegentlich bei dem anderen Elternteil aufhält, bei dem es nicht wohnt, z.B. im Rahmen des üblichen Umgangsrechts.

Ist dieser Elternteil in Bezug von Hartz 4, so kann er für jeden Tag, an dem sich das Kind mehr als 12 Stunden bei ihm aufhält, auf Antrag anteilig pro Tag 1/30 des Regelsatzes bzw. des Sozialgeldes erhalten. Hierzu erging auch jüngst ein Urteil des Bundessozialgerichts vom Az. B 14 AS 50/12 R.

Bedarfsgemeinschaft FAQ zusammengefasst

Wann liegt Bedarfsgemeinschaft? vor

Eine Bedarfsgemeinschaft liegt vor, wenn mehrere Personen im selben Haushalt mit mindestens einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person zusammenleben und den Haushalt wirtschaftlich gemeinsam betreiben. Bei der Berechnung des Bürgergeld Bedarfs wird das Einkommen und Vermögen von allen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt und entsprechend angerechnet.

Wie viel Bürgergeld bekommt man in einer Bedarfsgemeinschaft?

In einer Bedarfsgemeinschaft ist seit dem 01. Januar 2023 ein Regelsatz von 451 Euro (bis Ende 2022 404 Euro) pro Person bei zwei volljährigen Partnern vorgesehen. Dabei setzt sich dieser aus jeweils 90% des Regelsatzes nach Regelbedarfsstufe 1 von 502 Euro ab 2023 (449 Euro bis Ende 2022) zusammen, siehe auch Regelsatz bei Bedarfsgemeinschaft.

Wie viel Einkommen darf eine Bedarfsgemeinschaft haben?

Das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft muss unter Berücksichtigung von Freibeträgen unter dem Existenzminimum (seit 01.01.2023 451 € pro Person) zuzüglich Mehrbedarfe und Kosten der Unterkunft und Heizung liegen. Um Anspruch auf Bürgergeld zu haben darf das Gesamteinkommen der Gemeinschaft also nicht ausreichen um den Bedarf aller Mitglieder zu bestreiten.

Wer gehört zu einer Bedarfsgemeinschaft?

Eine Bedarfsgemeinschaft kann aus einer oder mehreren Personen bestehen. Leben mehrere Personen im selben Haushalt, gehören beispielsweise Ehepartner / Lebenspartner oder die Kinder mit zur Bedarfsgemeinschaft. Wer noch zu einer Bedarfsgemeinschaft gehört, erfahren Sie unter Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft.

Wer gehört nicht zu einer Bedarfsgemeinschaft?

Nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Personen sind unter anderem Kinder ab 25 Jahren, auch Kinder mit schon eigenen Kindern, Großeltern und WG-Mitglieder.

Titelbild: GreenMiles / shutterstock.com